Gaza-Hilfsflotte: Die Untätigkeit der Bundesregierung
Aktivsten der Gaza-Flotille berichten von „Folter“ im Gefängnis in Israel. Die Bundesrepublik habe sie widerrechtlich im Stich gelassen.

Yasemin Acar, Mitorganisatorin der Flotte und Louna Sbou, Leiterin des Berliner Kulturzentrums Oyoun, waren nach Kaperung der Schiffe und mehrtägiger Haft in Israel erst in der Nacht auf Mittwoch nach Deutschland zurückkehrt. Sie berichteten von „Folter“ und unmenschlichen Haftbedingungen. So hätten etwa Dutzende Frauen über viele Stunden in einem kleinen Käfig in der prallen Sonne ausharren müssen. Ärztliche Hilfe und Nahrung sei ihnen vorenthalten worden. Insgesamt hatte Israel 462 Menschen inhaftiert, für den Versuch, die Seeblockade Gazas zu durchbrechen.
Trotz Berichten an den Konsul der deutschen Botschaft in Tel Aviv, der die Aktivist:innen an zwei Tagen im Gefängnis besucht hatte, habe das Auswärtige Amt noch Anfang dieser Woche angegeben, keine Kenntnis von etwaigen Misshandlungen zu haben, sagt Sbou. Auch eine öffentliche Verurteilung der Inhaftierung der deutschen Staatsbürger:innen sei ausgeblieben.
Das Auswärtige Amt hatte die Aktivist:innen während ihrer Fahrt nach Gaza zur Rückkehr aufgefordert, sich dann aber der Verantwortung entzogen. „Deutschland lässt seine eigenen Bürger im Stich“, so Acar. Laut dem Völkerrechtler Khaled El Mahmoud versuche sich die Regierung von ihren „grundrechtlich bestehenden Schutzpflichten für deutsche Staatsbürger“ zu lösen. Dabei sei sowohl die de facto seit 2007 bestehende Seeblockade Gazas völkerrechtlich „illegal“, als auch die „Festnahme auf hoher See widerrechtlich“.
Strafantrag gegen Regierungsmitglieder
Der Strafverteidiger Benjamin Düsberg sprach von der Pflicht der Bundesregierung, bei einem Verdacht auf einen Genozid alles zu dessen Verhinderung zu tun. Dies ergebe sich aus der Völkermordkonvention. Stattdessen aber habe die Bundesrepublik seit Beginn des Krieges in Gaza Panzerabwehrwaffen, Drohnen, Munition und sonstige Rüstungsgüter wie Sensoren an Israel exportiert.
Aufgrund der „Beihilfe zum Genozid“ sei daher zuletzt Strafantrag beim Generalbundesanwalt gestellt worden. Der Antrag richtet sich gegen sieben ehemalige und aktuelle Regierungsmitglieder, darunter Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) sowie vier Unternehmensmanager von Rüstungsfirmen.
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