Verkehr in Deutschland: Wie die Bahn besser werden soll
Am Montag stellt Verkehrsminister Schnieder seine Bahnstrategie vor. Bisher ist nahezu unbekannt, was drinsteht. Vorschläge gibt es jedoch viele.

Am Montag will Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) in Berlin seine Bahnstrategie, die „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“, vorstellen. Wie will er die Bahn finanziell stabilisieren? Welche Pläne hat er für mehr Pünktlichkeit? Wird er die DB Infrago, die für die Bahninfrastruktur zuständig ist, vom Mutterkonzern trennen und damit Netz und Betrieb stärker auseinanderziehen? Wie geht er das umstrittene System der Trassenpreise an? Und prüft er die teuren Generalsanierungen stark befahrener Strecken noch einmal? Bisher drang dazu kaum etwas nach außen. Umso mehr Raum blieb für Forderungen aus der Branche.
Die Güterbahnen verlangen, dass Schnieders Strategie „mit messbaren Zahlen und einem tauglichen Steuerknüppel versehen“ wird. Einfach mehr Geld in die bestehenden Strukturen der DB zu pumpen, sei eine Scheinlösung, warnt Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands. Die Konzernstruktur müsse reformiert, der DB-Konzern entflechtet werden. Seit Langem fordern die Güterbahnen eine stärkere Trennung der DB Infrago von den Transporttöchtern wie DB Fernverkehr oder DB Cargo.
Jahrzehntelang hat der Bund an der Schiene gespart. Die Gleise sind veraltet, die Infrastruktur marode und störanfällig. Gleichzeitig verfolgte die Deutsche Bahn AG ehrgeizige, aber fragwürdige Ziele: Sie wollte ein globaler Logistikkonzern werden, wurde immer komplexer und steckte Milliarden in Prestigeprojekte wie Stuttgart 21 – Geld, das an anderer Stelle fehlte.
Geld alleine reicht nicht
Inzwischen versucht die DB, sich zu verschlanken. Vor zwei Jahren verkaufte sie ihre internationale Tochter Arriva, vor einem Jahr die Logistiksparte DB Schenker. Doch die Finanzströme im Konzern bleiben undurchsichtig, und die Bahn steckt weiter in der Krise.
Im ersten Halbjahr 2025 verringerte die DB zwar ihre Verluste, schrieb aber immer noch 760 Millionen Euro Minus. Im Juli waren nur 56,1 Prozent der Fernzüge pünktlich, im August 66,7 Prozent. Seit der Gründung der DB Aktiengesellschaft vor über 30 Jahren hat der Bund, ihr alleiniger Eigentümer, keine klare Strategie für die Bahn entwickelt.
Zwar haben schon die Ampelkoalition und nun auch die schwarz-rote Regierung die Mittel für die Schiene und die Deutsche Bahn aufgestockt. Doch auch dieses Geld reicht vermutlich kaum. Zudem trieb der Bund mit einem Finanztrick die Trassenpreise in die Höhe: Er erhöhte das Eigenkapital der DB, was deren Infrastrukturtochter zu höheren Profiten zwang. Die versuchte die DB Infrago dann über eine höhere Schienenmaut einzutreiben. Zahlen mussten unter anderem DB Fernverkehr, das daraufhin neue Zugbestellungen stoppte, und die Güterbahnen, die befürchten, dass Kund:innen auf günstigere, aber klimaschädlichere Lkw umsteigen.
Deshalb sollte Patrick Schnieders neue Bahnstrategie eine Reform der Trassenpreise enthalten, sagt auch Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. „Notwendig ist zudem eine Reform der flexiblen Vergütung der Vorstandsmitglieder.“ Diese sei viel zu kompliziert und oft auch unlogisch.
Problemkind DB Infrago
Vor allem brauche es mehr Transparenz bei den Finanzen innerhalb der DB Infrago, zeigt eine neue Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Forscher:innen Ingo Kucz und Laura Abbate wollen darin eine Bahnreform skizzieren, die sich an tatsächlichen Betriebsabläufen orientiert.
Laut Insider:innen aus der Bahnbranche funktioniert die DB Infrago so schlecht, dass sowohl die DB-Töchter als auch die Konkurrenz darunter litten. Ein Genehmigungsverfahren für ein einziges neues Verkehrsschild habe etwa drei Jahre gedauert. Ob die Infrastruktursparte stärker vom Betrieb getrennt wird, sei zweitrangig, schreiben Kucz und Abbate. „Der Bund muss sich vorrangig um die Qualität innerhalb der DB Infrago kümmern.“ So lange der Staat Geld gebe, ohne Qualität einzufordern, habe die DB Infrago keinen Anreiz, besser zu werden. „Eine reine Struktur- und Entflechtungsdebatte ignoriert die betriebliche Realität.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert