: Das Exil als Anfangvon etwas Neuem
Kritische Stimmen stehen zunehmend unter Druck durch autoritäre Regierungen, Zensur und politische Verfolgung. Viele Medienschaffende sehen sich dadurch gezwungen, ins Exil zu gehen, um ihrer Arbeit nachzugehen und weiterhin unabhängig zu berichten. Seit 2011 führt die taz Panter Stiftung internationale Projekte durch. Vier Workshops 2025 und 2026 rücken das Exil in den Mittelpunkt und verstehen es als Kraftquelle
Eine belarussische Journalistin flieht nach Berlin. Zurück lässt sie ihre kranke Mutter, ihren Alltag, ihre Vergangenheit – all die Jahre, die sie in Minsk hinter Gittern verbracht hat. Zurück bleiben Erinnerungen: an die Heimatstadt, an den kleinen Park, durch den sie ihren Sohn jeden Tag zur Schule brachte. An Liebe, an Hoffnung. Sie lässt alles zurück. Alles – bis auf eines: den Willen weiterzukämpfen.
Das Exil bedeutet nicht das Ende ihres Kampfs. Im Exil beginnt ein neuer Abschnitt des Widerstands.
Diese Journalistin steht nicht allein. Mit ihr stehen viele andere Autor:innen, Musiker:innen, Künstler:innen, Studierende und Journalist:innen, verteilt über ganz Europa – in Vilnius, Warschau, Prag, Berlin und Riga. Sie schreiben, sie singen, sie malen – und sie halten den Protest am Leben. Ihre Stimmen verschaffen sich Gehör und trotzen der Zensur.
Denn Exil bedeutet nicht nur Verlust. Das Exil kann auch eine Kraftquelle sein. Wenn Menschen zusammenkommen, sich vernetzen, voneinander lernen und gemeinsam arbeiten, entsteht eine neue Stärke. Das Exil bedeutet dann nicht Isolation, sondern Gemeinschaft.
Was belarussische Journalist:innen erleben, teilen viele. Ihr Schicksal steht exemplarisch für eine wachsende Zahl von Menschen in Osteuropa und darüber hinaus, die unter autoritären Regimen nicht mehr frei arbeiten, leben oder denken dürfen. Nicht nur in Belarus, sondern auch in Russland, Aserbaidschan und Georgien geraten kritische Stimmen zunehmend unter Druck – und sind gezwungen, ins Exil zu gehen.
In den Jahren 2025 und 2026 finden jeweils zwei Workshops der taz Panter Stiftung mit bis zu 15 Journalist:innen, Aktivist:innen und Künstler:innen statt – vor allem mit Menschen, die als Andersdenkende Russland und Belarus verlassen haben. Auch oppositionelle und kritische Medienschaffende sowie Autor:innen aus Aserbaidschan nehmen teil.
Sie leben heute im Exil, verteilt über ganz Europa – von Barcelona über Berlin bis Warschau und Istanbul.
2025 fand das erste Treffen im Juli in Berlin, das zweite findet Ende September in Riga (Lettland) statt. 2026 werden Berlin und Amsterdam die Gastgeberstädte sein. Es entsteht in Zusammenarbeit mit Partnern wie dem Deutschen Theater Berlin und dem Media Hub Riga.
Der Podcast „Freie Rede: Unser Fenster nach Russland/Belarus“ begleitet das Projekt und berichtet regelmäßig über neue Erkenntnisse und Herausforderungen aus den Workshops (taz.de/stiftung/podcasts). Die Teilnehmer*innen schreiben dann auch, für die Kolumne „Krieg und Frieden“ (taz.de/kriegundfrieden).
Das Projekt „Exilstimmen 2025–2026“ wird mit 60.000 Euro von der ZEIT-Stiftung Bucerius gefördert. Darüber hinaus benötigen wir weitere 40.000 Euro an Eigenmitteln
aus privaten Spenden.
Wir freuen uns auf Ihre Unterstützung!
Nach dem brutalen Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich die Repression weiter verschärft. In Russland selbst wurden Künstler:innen, Autor:innen und Aktivist:innen mundtot gemacht, verfolgt oder zur Flucht gezwungen. Viele haben ihre Arbeit ins Exil verlagern müssen – ihre Stimmen verstummen nicht, sie senden weiter, schreiben, organisieren, vernetzen sich über die Grenzen hinweg.
In Aserbaidschan geraten unabhängige Medien immer stärker ins Visier der Machthaber. Journalist:innen riskieren Gefängnisstrafen – oder sogar ihr Leben – wenn sie über Korruption, Missstände oder Repression berichten. Auch sie suchen Zuflucht im Ausland. Und selbst in Georgien, lange als Hoffnungsträger einer demokratischen Entwicklung gesehen, steht die Zivilgesellschaft zunehmend unter Druck. Kritische NGOs, Aktivist:innen und Medien werden systematisch geschwächt und eingeschüchtert. Auch hier endet das Engagement für Freiheit und Demokratie immer häufiger im Exil.

Das Exil eint sie – nicht als Rückzug, sondern als neuer Ort des Widerstands. Sie alle kämpfen weiter: für die Freiheit und für Menschenrechte.

Die taz Panter Stiftung will genau das möglich machen. Sie unterstützt diese Stimmen – durch Austausch, Weiterbildung und Zusammenarbeit. Damit das Exil nicht das Ende ist. Sondern der Anfang von etwas Neuem.
Tigran Petrosyan, Leiter der Osteuropa-Projekte der taz Panter Stiftung
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen