Ligaspiele im Ausland: Zirkus Fußball
Die spanische Liga gastiert bald in den USA, die italienische in Australien. Europas Spitzenfußall tingelt um die Welt, um neue Märkte zu erschließen.

Doch das gilt als Formsache. Zum ersten Mal wird also ein reguläres Saisonspiel einer nationalen Meisterschaft im Ausland stattfinden. Daran arbeitet die spanische Liga schon lange. Nach Beendigung eines Rechtsstreits in der USA hat der spanische Fußballverband dem Vorhaben seinen Segen gegeben.
Mit dieser Entscheidung war gerechnet worden, nachdem es in der juristischen Auseinandersetzung zwischen dem Sportrechtevermarkter Relevent und dem US-amerikanischen Fußballverband zu einem Vergleich gekommen war. Der US-Verband hatte sich gegen Wettbewerbsspiele europäischer Ligen gewehrt, um die Vermarktung der heimischen Profiliga zu schützen. Dagegen hatte Relevent kartellrechtliche Bedenken formuliert. Nach dem Vergleich gibt es diese nicht mehr und der Sportrechtevermarkter kann sich an die Vermarktung der Partie machen.
Für Relevent ist das gewiss nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Eroberung des US-Sportmarkts durch den europäischen Fußball. Und nicht nur die spanische Liga setzt dabei auf die Firma des US-Immobilienmilliardärs Stephen M. Ross, der als Besitzer des Football-Teams Miami Dolphins auch im uramerikanischen Sportgeschäft aktiv ist. Auch die Uefa hat sich an Relevent gebunden. Ab der Saison 2027/28 wird neben den anderen Europapokalwettbewerben auch die Champions League von Relevent vermarktet.
Vier Milliarden Euro werden in der europäischen Eliteliga im Jahr umgesetzt. 35 Jahre lang war die Schweizer Agentur Team Marketing Vertragspartner der Uefa und hat insgesamt über 50 Milliarden Euro für die Uefa aufgetrieben. Der US-Markt spielt dabei immer eine untergeordnete Rolle. Das soll sich mit Relevent ändern. Gut möglich also, dass schon bald über Champions-League-Spiele in den USA gesprochen wird.
Über den Supercup ins Ausland
Bundesligaspiele im Ausland werden vom Ligaverband DFL immer wieder ausgeschlossen. Kein Wunder: schon die Ankündigung, einen Investor ins Haus zu lassen, hatte zu derart großen Fanprotesten in den Stadien geführt, dass das Vorhaben am Ende nicht durchzusetzen war. Vom großen Geschäft in den USA träumt die DFL natürlich dennoch. Auch sie hat sich dafür die Dienste der Vermarkter von Relevent gesichert. Vielleicht findet das Spiel um den Supercup zwischen Meister und Pokalsieger bald in den USA statt. Die Möglichkeit dafür hat sich die DFL offen gehalten. In der Spielordnung der heißt es: „Den Termin und den Spielort für den Supercup legt die DFL fest. Dabei behält sich die DFL auch das Recht vor, ein Stadion im Ausland als Spielort zu benennen.“
Über den Supercup ist auch das spanische Fußballpublikum an Spiele im Ausland herangeführt worden. Das 5:2 des FC Barcelona gegen Real Madrid im Januar haben 60.000 Menschen in der King Abdullah Sport City der saudischen Hafenstadt Dschidda verfolgt. Da fand 2020 zum ersten Mal ein Supercup-Finale außerhalb Spaniens statt.
In Italien hatte man da schon etliche Erfahrungen mit Spielen um den Supercup im Ausland gemacht. 2003 gewann Juventus Turin im Giants Stadium von East Rutherford, New Jersey, gegen AC Mailand. Später wurden etliche Finals in China gespielt, eines in Katar, und die letzten Ausgaben der Supercoppa d’Italia fanden in Saudi-Arabien statt.
Bald könnte schon zum ersten Mal ein reguläres Liga-Spiel im Ausland stattfinden. Weil das Giuseppe-Meazza-Stadion im Februar für ein paar Tage lang wegen der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele belegt ist, soll das Heimspiel von AC Mailand gegen Como im australischen Perth ausgetragen werden – 14.000 Kilometer entfernt vom heimischen Stadion.
Auch über Spiele in den USA wird in Italien schon nachgedacht. Kein Wunder: 9 der 20 Erstligaklubs befinden sich im Besitz von US-Firmen. Doch nicht jedes Spiel eigne sich dafür, meinte im März Michele Ciccarese, Marketing-Chef der Serie A, und nannte als Beispiel das Mailänder Derby zwischen Inter und AC. Eine andere Paarung wird sich gewiss finden. Die Spanier haben es vorgemacht.
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