+++ Krieg in Nahost +++: Hoffnung auf einen Waffenstillstand
Kurz vor dem Treffen mit Israels Ministerpräsident Netanjahu in Washington hofft US-Präsident Trump auf eine Einigung mit der Hamas. Innenpolitisch brodelt es in Israel.

Er trifft am Montagabend um 18.30 Uhr Ortszeit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus, wie die US-Regierung bestätigte. Kurz vor seinem Abflug nach Washington bekräftigte Netanjahu seine Ablehnung jeglicher Vereinbarung, die dazu führen würde, dass die islamistische Hamas im Gazastreifen an der Macht bleibt.
Trump äußerte sich vor seinem Gespräch mit Netanjahu zuversichtlich, dass man mit der Hamas die Freilassung weiterer Geiseln vereinbaren könne. „Wir denken, dass wir das noch diese Woche schaffen“. Medienberichten zufolge sieht der jüngste Vorschlag des Vermittlers Katar für eine zunächst auf 60 Tage begrenzte Waffenruhe die Freilassung von zehn Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge vor. Nach israelischem Erkenntnisstand sind noch mindestens 20 in Gaza festgehaltene Geiseln am Leben. Der Status von zwei Entführungsopfern ist unklar. Hinzu kommen die Leichen von 28 Verschleppten.
Netanjahu: „Hamas wird nicht mehr existieren“
„Wir arbeiten daran, den vieldiskutierten Deal zustande zu bringen, zu den Bedingungen, denen wir zugestimmt haben“, sagte Netanjahu vor seinem Abflug. Kurz zuvor hatte er Forderungen der Hamas nach Änderungen an Katars Vorschlag als „inakzeptabel“ bezeichnet, dennoch aber eine Delegation zu neuen indirekten Gesprächen über einen Deal in die katarische Hauptstadt Doha geschickt. „Ich glaube, dass das Gespräch mit Präsident Trump definitiv helfen kann, das Ergebnis voranzubringen, auf das wir alle hoffen“, sagte er.
Er sei entschlossen, drei Ziele zu verwirklichen, sagte Netanjahu: Alle Geiseln nach Hause zu bringen, die lebenden wie die toten; die militärischen und administrativen Fähigkeiten der Hamas auszuschalten und die Terrororganisation aus dem Gazastreifen zu verbannen; und zu gewährleisten, dass der Küstenstreifen keine Bedrohung mehr für Israel darstellt. „Hamas wird nicht mehr existieren“, betonte Netanjahu vor dem Abflug nach Washington.
Auch Iran Thema in Washington
Es ist bereits sein drittes Treffen mit US-Präsident Trump in sechs Monaten. Die verbündeten USA fungieren gemeinsam mit Katar und Ägypten als Vermittler zwischen Israel und der Hamas, da diese nicht direkt miteinander reden. Vor weniger als zwei Wochen mündete nach zwölf Tagen ein Krieg Israels mit dem Iran in einer Waffenruhe. Im Verlauf des Krieges hatten Israel und die USA zentrale Einrichtungen des iranischen Atomprogramms bombardiert.
Israel begründete den Krieg mit der Bedrohung durch Irans Atomprogramm. Westliche Regierungen befürchten, dass Teheran nach Atomwaffen strebt. Die iranische Führung weist das zurück. Die erfolgreichen Luftangriffe im Iran ermöglichten es, „den Kreis des Friedens auszudehnen, weit über das hinaus, was wir uns früher vorzustellen vermochten“, sagte Israels Regierungschef.
Die veränderten Realitäten brächten Israel und dem gesamten Nahen Osten eine „große Zukunft“, sagte Netanjahu vor seinem Abflug in die USA. Derweil sagte Trump in Washington: „Wir arbeiten mit Israel an vielen Dingen, und eines davon ist wahrscheinlich ein dauerhaftes Abkommen mit dem Iran“.
Israels Luftwaffe bombardiert Ziele im Jemen
Unterdessen griff Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben in der Nacht militärische Einrichtungen der mit dem Iran verbündeten Huthi-Miliz im Jemen an. Ziele seien die Häfen von Ras Issa, Hudaida und Salif im Westen des Landes, teilte die Armee auf Telegram mit.
Die Häfen würden von den Huthi genutzt, um Waffen aus dem Iran für Terroreinsätze gegen Israel und seine Verbündeten zu transportieren. In Ras Issa sei auch das Handelsschiff „Galaxy Leader“ getroffen worden, das im November 2023 von den Huthi gekapert worden war. Die Miliz habe auf dem Schiff ein Radarsystem installiert, um für Terroranschläge Schiffe im internationalen Seeverkehr zu verfolgen.
Angegriffen worden sei zudem das Kraftwerk Ras Kanatib in der Nähe der Hafenstadt Hudaida, teilte die israelische Armee weiter mit. „Wie ich gewarnt habe, wird der Jemen wie (die iranische Hauptstadt) Teheran behandelt“, sagte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz.
„Jeder, der versucht, Israel zu schaden, wird Schaden nehmen, jeder, der seine Hand gegen Israel erhebt, wird sie verlieren“, schrieb Katz auf Telegram. Kurz darauf heulten in Israel erneut die Sirenen. Die Luftabwehr sei aktiviert worden, um zwei aus dem Jemen abgefeuerte Raketen abzufangen, teilte die Armee am Morgen mit.
Ultraorthodoxe sollen einberufen werden
Angesichts des Kriegs im Gazastreifen und weiterer Einsätze hat das israelische Militär die politisch umstrittene Einberufung von 54.000 ultraorthodoxen jüdischen Seminarstudenten angekündigt. Das Militär bestätigte damit am Sonntag israelische Medienberichte, denen zufolge ultraorthodoxe Parteien aus der Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf einen Kompromiss dringen. Das Militär kündigte besondere Vorkehrungen an, um die religiösen Belange der ultraorthodoxen Juden zu wahren, deren Einberufung noch im Juli beginnen solle.
Die jahrzehntelange Ausnahme für ultraorthodoxe Seminaristen von der allgemeinen Wehrpflicht war im vergangenen Jahr vom Obersten Gerichtshof gekippt worden. Das Gericht hatte entschieden, dass das Verteidigungsministerium diesen Personen keine pauschale Befreiung aus religiösen Gründen mehr gewähren darf. Der Wehrdienst sei für alle verpflichtend – gerade in Hinblick auf den Krieg im Gazastreifen. Danach waren bereits erste ultraorthodoxe Juden einberufen worden.
Die Wehrpflicht gilt für die meisten israelischen Juden ab 18 Jahren. Dem Wehrdienst, der 24 bis 32 Monate dauert, folgt ein Dienst in der Reserve. Angehörige der arabischen Bevölkerung Israels, deren Anteil 21 Prozent beträgt, sind meist von der Wehrpflicht befreit.
Seit der Staatsgründung Israels 1948 waren auch ultraorthodoxe Juden zum Studium religiöser Schriften von der allgemeinen Wehrpflicht befreit. Allerdings lebten damals noch sehr wenige Ultraorthodoxe in Israel. Mittlerweile ist deren Bevölkerungsanteil auf 13 Prozent gestiegen. Auch angesichts der Militäreinsätze Israels gegen die Hamas im Gazastreifen, die Hisbollah im Libanon, die Huthis im Jemen und gegen den Iran war diese Ausnahme zunehmend auf Kritik gestoßen.
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