Masken-Affäre um Jens Spahn: Alles ist offengelegt, nichts ist geklärt
Der Bericht zu Maskendeals kursiert in ungeschwärzter Form. Gesundheitsministerin Warken soll versucht haben, Unions-Fraktionschef Spahn zu schützen.

Verschwendete Steuermilliarden, dubiose Auftragsvergaben: Der Unionsfraktionsvorsitzende und ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn ist mit neuen Vorwürfen wegen Maskeneinkäufen während der Coronapandemie konfrontiert. Mehrere Medien zitierten am Wochenende aus bislang geschwärzten Passagen eines Berichts, mit denen das Gesundheitsministerium die Maskenkäufe zum Beginn der Pandemie untersucht hatte. Der Spiegel berichtete unter Berufung auf ursprünglich zensierte Passagen, dass das Gesundheitsministerium etwa viel zu teure Verträge mit einem Lieferanten, der Schweizer Firma Emix, ausgehandelt hatte. Spahn wies die Vorwürfe gegen ihn am Samstag deutlich zurück.
Im Bundestag könnte das Thema am Dienstag wieder auf die Tagesordnung rücken. Laut Spiegel haben Grüne und Linke im Parlament Sondersitzungen des Haushalts- und Gesundheitsausschusses beantragt, um die Verfasserin des Untersuchungsberichts, Sonderermittlerin Margaretha Sudhof, direkt zu befragen.
Grüne und Linke forderten außerdem, dass sich ein Untersuchungsausschuss mit der Maskenbeschaffung befassen müsse. „Wer sich selbst nichts vorzuwerfen oder zu verbergen hat, würde längst selbst einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern oder eben Verantwortung übernehmen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen.
Dahmen äußerte auch scharfe Kritik an der aktuellen Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Warken habe gezielt Passagen schwärzen lassen, „mit dem offensichtlichen Ziel, die Verantwortung von Jens Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern“, sagte er. Dieser Vorwurf kam auch von den Linken. „Die Union nutzt offenbar alle Möglichkeiten, um Spahns persönliche Verstrickungen zu decken“, so der Linken-Gesundheitsexperte Ates Gürpinar am Samstag.
Von der SPD, die in der Auseinandersetzung bislang hinter ihrem Koalitionspartner steht, kam am Sonntag erstmals vorsichtige Kritik. Die Recherchen von Medien zur Maskenbeschaffung hätten „offengelegt, dass es noch unbeantwortete Fragen gibt“, sagte SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar der Rheinischen Post. „Sollte sich zeigen, dass Schwärzungen in den Unterlagen über den Persönlichkeitsschutz hinaus parteipolitisch motiviert sind, muss das mit der gebotenen Ernsthaftigkeit geprüft und bewertet werden.“
Grüne und Linke für U-Ausschuss
Die oppositionellen Grünen und Linken im Bundestag können selbst keinen Untersuchungsausschuss einsetzen, weil ihnen dafür die nötige Mindestzahl an Stimmen fehlt und sie diesen nicht zusammen mit der AfD beantragen wollen. Beide Parteien appellieren deshalb an die Union oder die SPD, den Weg zu einer parlamentarischen Aufarbeitung freizumachen. Spahn bezeichnete eine Enquetekommission als bestes Mittel der Aufarbeitung der Coronapandemie.
Der ungeschwärzte Bericht der Sonderermittlerin Sudhoff zur Maskenaffäre widerlegt laut Grünen-Politiker Dahmen Aussagen des heutigen CDU/CSU-Fraktionschefs Spahn. „Er hat gelogen“, sagte der Grünen-Politiker zu Aussagen von Spahn zu dem Bericht, der zunächst mit etlichen geschwärzten Passagen an den Haushaltsausschuss des Bundestags übermittelt worden war. Dabei geht es etwa um die Frage, ob Spahn im Ministerium vor einem Masken-Geschäft mit den Firmen Fiege oder Emix gewarnt worden war. Spahn sagte im ZDF, dass er den Vorwurf der Lüge entschieden zurückweise. Solche Unterstellungen kenne er sonst nur von der AfD.
Der Unionsfraktionschef wies in der Bild am Sonntag auch Rücktrittsforderungen zurück. Er habe immer gesagt, dass damals auch Fehler gemacht worden seien, auch durch ihn. Aber die Verträge mit Masken-Firmen hätten Fachleute im Gesundheitsministerium und in Anwaltskanzleien gemacht, betonte der CDU-Politiker im ZDF.
(mit Reuters)
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