piwik no script img

Mosambiks Präsident besucht TansaniaVon einer Wahlkrise zur nächsten

In Mosambik mündeten die Wahlen 2024 in schwere Gewalt, in Tansania droht vor den Wahlen 2025 ähnliches. Jetzt trafen sich die beiden Staatschefs.

Polizeieinsatz am 24. April vor einem Gerichtsgebäude in Daressalam, als Tansanias inhaftierter Oppositionsführer vorgeführt wurde Foto: Emmanuel Herman / REUTERS

Daressalam taz | Wenn sich die Präsidenten von Mosambik und Tansania besuchen, ist das nicht nur ein Treffen zweier ostafrikanischer Nachbarn. Ein Land, das sich gerade von einer schweren Wahlkrise zu erholen versucht, trifft auf ein anderes, das möglicherweise gerade vor einer solchen steht.

Mosambiks Präsident Daniel Chapo besuchte Ende vergangener Woche Tansania für drei Tage auf Einladung seiner Amtskollegin Samia Suluhu Hassan. Mosambik hat sich noch nicht von der Gewalt erholt, die seit Chapos Wahl im Oktober 2024 das Land erfasste: Die Opposition um Venancio Mondlane erkannte seine Ausrufung zum Wahlsieger nicht an, es folgten mehrere Monate Unruhen mit über 300 Toten. Die Lage hat sich allmählich beruhigt, aber Spannungen bleiben.

Im Oktober 2025 stehen Wahlen in Tansania an, und Präsidentin Hassan wird zunehmende Repression der Opposition im Vorfeld vorgeworfen. Tundu Lissu, Vorsitzender der größten Oppositionspartei Chadema (Chama cha Demokrasia na Maendeleo – Partei für Demokratie und Fortschritt) sitzt seit 9. April unter dem Vorwurf des Hochverrats, auf den die Todesstrafe steht, in Haft.

Grund ist sein Aufruf an die Bevölkerung, die Wahlen im Oktober zu boykottieren, wenn es vorher keine Reformen gibt. Chadema ist von den Wahlen ausgeschlossen, weil es sich weigerte, einen Verhaltenskodex zu unterschreiben.

Oppositionsführer in Haft, Kirchenführer im Krankenhaus

Nicht nur Lissu wurde daraufhin nachts verhaftet, sondern auch sein Stellvertreter John Heche und Chadema-Generalsekretär John Mnyika. Die beiden kamen inzwischen auf freien Fuß, Lissu nicht. Der Polizei wurde vorgeworfen, Chadema-Unterstützer auf der Straße sowie im Gerichtssaal angegriffen zu haben, als Lissu am 24. April einem Richter vorgeführt wurde.

Der Generalsekretär der tansanischen katholischen Bischofskonferenz, Charles Kitima, wurde am 30. April von Unbekannten in der größten tansanischen Stadt Daressalam angegriffen; er liegt nun im Krankenhaus. Als Grund wird seine öffentliche Kritik der Regierung vermutet. In der südtansanischen Stadt Songwe wurde ein Oppositionsaktivist gewaltsam gekidnappt.

„Ich mache Präsidentin Samia und ihre Regierung für diese verurteilungswürdigen Terrorakte verantwortlich“, erklärte Lissu am 3. Mai aus dem Gefängnis Ukonga, in dem er festgehalten wird. Er drohte auch, in einen Hungerstreik zu treten. Seine nächste Anhörung vor Gericht ist für den 19. Mai angesetzt.

Menschenrechtsaktivist Adriano Nuvunga in Mosambik sagt, vor diesem Hintergrund sei ein dreitägiger Staatsbesuch aus Mosambik in Tansania nicht als normal zu werten. In Mosambik seien Freiräume stark eingeschränkt worden, Menschenrechtler würden verfolgt und Journalisten belästigt.

„Wenn in so einem Klima Präsidenten aufeinandertreffen und nicht über diese Übergriffe sprechen, führen sie keine Diplomatie, sie ermöglichen autoritäre Herrschaft“, so Professor Nuvunga. „Bilaterale Besuche ohne Rechenschaft normalisieren Straflosigkeit und ermuntern repressive Regime.“

Erste Präsidentin der Landesgeschichte

Samia Suluhu Hassan ist die erste Präsidentin in der Geschichte Tansanias. Sie kam 2021 nach dem Tod ihres Vorgängers John Magufuli an die Macht. Zunächst hatte sie einige repressive Maßnahmen Magufulis rückgängig gemacht, aber nun wird ihr immer häufiger vorgeworfen, mit einer eisernen Faust zu regieren.

Die Regierungspartei CCM (Chama Cha Mapinduzi – Partei der Revolution) regiert Tansania ununterbrochen seit der Unabhängigkeit vor fast 64 Jahren. Ebenso wie in Mosambik, wo Frelimo (Mosambikanische Befreiungsbewegung) ebenfalls seit der Unabhnängigkeit vor 50 Jahren regiert, sieht sich Tansanias einstige Befreiungsbewegung immer stärker von jüngeren Generationen herausgefordert, die erst nach der Unabhängigkeit geboren wurden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!