Prägte Konzept der „Soft Power“: US-Politologe Joseph Nye gestorben
US-Politologe Joseph Nye kritisierte den Politikstil Donald Trumps und war langjähriger Dekan der Harvard Kennedy School. Nun ist er mit 88 Jahren verstorben.
Seit 1964 war Nye Fakultätsmitglied der renommierten Harvard-Universität, verfasste 14 Bücher und mehr als 200 wissenschaftliche Artikel. Unter den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton arbeitete er im Bereich der nationalen Sicherheit. Nye beschäftigte sich in seiner Laufbahn mit so unterschiedlichen Themen wie Rüstungskontrollen und Panafrikanismus. Bekanntheit erlangte jedoch hauptsächlich seine Idee der „Soft Power“ in den 1980er-Jahren.
Im Gegensatz zu „Hard Power“, was staatliche Machtfaktoren wie Militärausgaben, Waffen und Wirtschaftssanktionen umfasst, beschreibt „Soft Power“ in Nyes Worten die Macht, „andere dazu zu bringen, das zu wollen, was man will“. Als Beispiele nannte er den wachsenden Einfluss der USA in Lateinamerika, als der frühere US-Präsident Franklin D. Roosevelt eine „Politik der guten Nachbarschaft“ einführte.
Seit seinem Amtsantritt im Januar hat Trump Maßnahmen der „Soft Power“ drastisch reduziert, etwa durch den Abbau von Auslandshilfen und das harte Durchgreifen gegen internationale Studierende in den USA. Gleichzeitig setzte der US-Präsident auf den Ausbau von „Hard Power“-Maßnahmen wie erhöhte Militärausgaben und Sanktionen.
Nye kritisiert US-Präsident Trump
Auf die Frage, wie er Trumps zweite Amtszeit einschätze, antwortete Nye der Nachrichtenagentur AFP im Februar: „Trump versteht Macht nicht wirklich. Er denkt lediglich in Begriffen wie Zwang und Bezahlung.“ Der US-Präsident verwechsle kurzfristige Ergebnisse mit langfristigen Wirkungen. „Harte Zwangsgewalt (wie die Androhung von Zöllen) mag kurzfristig funktionieren, schafft aber langfristig Anreize für andere, ihre Abhängigkeit von den USA zu verringern“, fügte er hinzu.
Während seiner Tätigkeiten für die US-Regierungen von Carter und Clinton konzentrierte sich Nye maßgeblich auf Atompolitik. Nach Ansicht seines langjährigen Harvard-Kollegen Graham Allison wird Nye auch dafür in Erinnerung bleiben, dass „er sowohl intellektuell als auch praktisch dazu beigetragen hat, einen Atomkrieg zu verhindern“.
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