piwik no script img

Präsidentschaftswahl in GabunPutschist Oligui bleibt an der Macht

Ein 90-Prozent-Sieg bei der Wahl festigt das Militärregime in Gabun auf Dauer. Doch das Wahlergebnis sorgt für Zweifel, dabei scheint es realistisch.

Oligui feiert seinen Sieg in Libreville, Gabun, am 13. April Foto: Luc Gnago/reuters

Berlin taz | Als erstes der afrikanischen Länder, in denen in den vergangenen Jahren Militärputschisten die Macht ergriffen haben, hat Gabun am Samstag mit Wahlen seine „Rückkehr zur Demokratie“ vollendet. Wie nicht anders zu erwarten ist der Anführer des Militärputsches vom August 2023, Brice Oligui, nun der gewählte Präsident. Nach den vorläufigen Ergebnissen vom Sonntagabend erhielt er 90,35 Prozent der Stimmen.

Oliguis Sieg war keine Überraschung. Der Putsch von 2023 war in Gabun als Befreiungsschlag begrüßt worden, nachdem in dem kleinen Land mit gigantischen Ölreichtümern und einer bitterarmen Bevölkerung über 55 Jahre lang eine einzige Familie regiert hatte, die Gabuns Reichtum als den eigenen betrachtet hatte. Aber das Wahlergebnis sorgt für Zweifel. Das kleine Land pflegt traditionell einen „freihändigen“ Umgang mit Zahlen bei Wahlen. Diesmal stieg den offiziellen Zahlen zufolge die Wahlbeteiligung am Samstag zwischen 15 Uhr und 18.30 Uhr von unter 47 auf über 87 Prozent.

„Innerhalb von drei Stunden haben 40 Prozent der gabunischen Bevölkerung plötzlich beschlossen, wählen zu gehen“, lästerte der Kommentator Moi Makaya. „Entweder die Gabuner haben die Teleportation entdeckt oder jemand hat für sie die Stimmzettel ausgefüllt.“ Am Sonntag waren es dann plötzlich nur noch rund 70 Prozent Wahlbeteiligung. Oligui soll bei rund 920.000 registrierten Wählern gut 575.000 Stimmen erhalten haben – auf den ersten Blick durchaus realistisch.

Korrekte Wahlen sind in Gabun wichtig. Die letzte Wahl, die Präsidentschaftswahl vom 26. August 2023, hatte zum Militärputsch geführt: Eine Stunde nach der Bekanntgabe der Wiederwahl von Präsident Ali Bongo verkündete eine Gruppe von Militärs die Annullierung der „gefälschten“ Wahl, die Suspendierung aller Institutionen und das „Ende des Bongo-Regimes“. Ali Bongo kam unter Arrest und sein Gardechef Brice Oligui wurde Übergangspräsident. So endeten über 55 Jahre Herrschaft der Familie Bongo – Omar Bongo ab 1967, Sohn Ali ab 2009.

Oligui kann nun bis 2039 regieren

Die Putschisten versprachen die rasche Rückgabe der Macht an Zivilisten. Dass sie sich damit selber meinten, war klar. Die Metamorphose eines Putschisten zum „demokratisch“ gewählten Staatsoberhaupt ist in vielen Ländern Afrikas bewährt. In Gabun wurde Oliguis Metamorphose auf einem „nationalen Dialog“ im April 2024 entworfen.

Ein ernanntes Übergangsparlament schrieb eine neue Verfassung, sie wurde per Volksabstimmung beschlossen. Gabun erhält damit ein Präsidialregime mit einem Staatschef, der zweimal sieben Jahre lang amtieren kann und zugleich Regierungschef ist. Oliguis Metamorphose ist unvollständig: Die neue Verfassung erlaubt auch Militärangehörigen, zu Wahlen anzutreten, weshalb Präsident Oligui Brigadegeneral blieb.

Der Heilige Geist hat zu mir gesprochen, deswegen stehe ich vor Ihnen

Brice Oligui, Präsident von Gabun

Der gegenwärtig 50 Jahre alte Oligui kann nun bis 2039 regieren, dann wäre er 64. Auch sein Vorgänger Ali Bongo kam mit 50 Jahren an die Macht und wurde im Alter von 64 gestürzt. Manche Dinge bleiben in Gabun eben gleich. Ob Bongo oder Oligui – das gabunische Volk ist Statist. „Der Heilige Geist hat zu mir gesprochen, deswegen stehe ich vor Ihnen“, hatte der Militärherrscher am 3. März bei der Erklärung seiner Kandidatur vor einer Menschenmenge im strömenden Tropenregen gesagt.

Kurz zuvor hatte Amtskollege Teodoro Obiang, seit 1979 Präsident des Nachbarlandes Äquatorialguinea, eine Stromleitung nach Gabun angeschaltet und damit dort für ewiges Licht gesorgt. „Alle Macht kommt von Gott – wie kann Gott einen Chef einsetzen und manche Leute akzeptieren ihn nicht? Ist das normal?“, sagte der 82-jährige Obiang. Gabuns Volk hat nun seine Normalität unter Beweis gestellt.

Der gestürzte Expräsident Ali Bongo wartet derweil weiter auf seinen Prozess wegen Korruption, gemeinsam mit seiner Ehefrau Sylvia Bongo und seinem Sohn. Er lebt im Hausarrest in einer Villa, Frau und Sohn sitzen nach Angaben ihrer Anwälte im zweiten Kellergeschoss des Präsidentenpalastes in Untersuchungshaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!