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Präsidentschaftswahlen in EcuadorZu Lasten der Schwächsten

Katharina Wojczenko
Kommentar von Katharina Wojczenko

Der Sieg von Oligarchensprössling Daniel Noboa bei der Wahl in Ecuador ist keine gute Nachricht. Seine Politik der harten Hand schafft noch mehr Leid.

Daniel Noboa mit Soldaten am Tag seines Wahlsieges Foto: Fernando Vergara/ap

D aniel Noboa bleibt Präsident von Ecuador. Damit hat das größere Übel in der Stichwahl gewonnen. Für die sozialen Bewegungen, die Armen und Marginalisierten ist das ein Schlag. Ihnen drohen noch mehr Hunger, Unterdrückung und Gewalt.

Sie haben schon jetzt unter Noboa besonders gelitten: Er hat die Mehrwertsteuer erhöht und die Benzinsubventionen gekürzt – und vor allem seine Politik der harten Hand auf sie konzentriert. In ihren Vierteln ist die Gewalt explodiert – durch Drogenbanden und eine Polizei, die chronisch korrupt ist und dank der vielen Ausnahmezustände noch mehr Macht bekommen hat. Wer männlich und arm ist und womöglich noch eine dunklere Hautfarbe hat, sollte sich fürchten. Militarisierung bringt Menschenrechtsverletzungen – und sicher keinen Frieden im Krieg gegen Drogen. Für diese Erkenntnis hätte Noboa nur zum Nachbarn Kolumbien schauen müssen.

Ecuador befindet sich in einer schweren Rezession. Schon jetzt arbeitet zwei Drittel der Bevölkerung im informellen Sektor. Kinder und Jugendliche brauchen dringend Perspektiven. Denn sonst treibt der Hunger sie in die Arme der Drogenbanden. Mega-Gefängnisse, wie sie Noboa liebt, sind keine Lösung, sondern Teil des Problems, und Geldmaschinen für die Organisierte Kriminalität, die sie kontrolliert.

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Politik für die Superreichen

Bildung und vor allem Arbeit wären eine Lösung – aber solche strukturellen sozialen Veränderungen sind nicht Noboas Priorität. Der Neoliberal-Konservative stammt aus der Oligarchie des Landes und macht Politik für sie – allen voran für seine eigene, superreiche Familie, deren Bananen-Imperium er schon in der ersten Amtszeit Steuervorteile verschaffte. Wollte er tatsächlich die Mächtigen im Drogenhandel bekämpfen, müsste er sich auch mit der Bananenindustrie anlegen – denn mit deren Containern gelangt ein Teil der Drogen nach Europa.

Stattdessen will er privatisieren, wo es nur geht. Die Natur dürfte ein weiteres Opfer sein. Noboa hat angekündigt, dass er die Verfassung ändern will, in der Rechte der Natur verankert sind. Ex­per­t:in­nen rechnen damit, dass er diese aushebeln will – unter anderem, um das Wasser zu privatisieren. Das könnte die Energiekrise des Landes verstärken – und geht ebenfalls zu Lasten der Schwächsten.

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Katharina Wojczenko
Freie Korrespondentin
stammt aus dem Bayerischen Wald und berichtet seit 2017 überwiegend aus Kolumbien. Sie ist Mitglied des Reporterinnen-Teams von #tazFolgtDemWasser und Mitgründerin des Magazins „Südamerika+Reporterinnen“ auf der genossenschaftlichen Journalismus-Plattform-„RiffReporter“.
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1 Kommentar

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  • "Daniel Noboa bleibt Präsident von Ecuador. Damit hat das größere Übel in der Stichwahl gewonnen."

    Ja, das nennt man dann wohl Demokratie, wenn die Ecuadorianerinnen und Ecuadorianer einfach den Kandidaten wählen, den sie für den besten halten und nicht den Favoriten der TAZ-Redaktion.



    Sind es nicht Zeitungen wie die TAZ, die kritisieren, wenn weiße Europäer*innen dem Globalen Süden ungefragt schlaue Ratschläge geben?



    Ich sage ja nicht, dass man das Ergebnis nicht kritisch analysieren kann, aber gleich mit so einem Satz einzusteigen, zeigt nicht gerade Respekt vor dem Mehrheitswillen der Bevölkerung von Ecuador.