Präsidentschaftswahlen in Ecuador: Zu Lasten der Schwächsten
Der Sieg von Oligarchensprössling Daniel Noboa bei der Wahl in Ecuador ist keine gute Nachricht. Seine Politik der harten Hand schafft noch mehr Leid.
D aniel Noboa bleibt Präsident von Ecuador. Damit hat das größere Übel in der Stichwahl gewonnen. Für die sozialen Bewegungen, die Armen und Marginalisierten ist das ein Schlag. Ihnen drohen noch mehr Hunger, Unterdrückung und Gewalt.
Sie haben schon jetzt unter Noboa besonders gelitten: Er hat die Mehrwertsteuer erhöht und die Benzinsubventionen gekürzt – und vor allem seine Politik der harten Hand auf sie konzentriert. In ihren Vierteln ist die Gewalt explodiert – durch Drogenbanden und eine Polizei, die chronisch korrupt ist und dank der vielen Ausnahmezustände noch mehr Macht bekommen hat. Wer männlich und arm ist und womöglich noch eine dunklere Hautfarbe hat, sollte sich fürchten. Militarisierung bringt Menschenrechtsverletzungen – und sicher keinen Frieden im Krieg gegen Drogen. Für diese Erkenntnis hätte Noboa nur zum Nachbarn Kolumbien schauen müssen.
Ecuador befindet sich in einer schweren Rezession. Schon jetzt arbeitet zwei Drittel der Bevölkerung im informellen Sektor. Kinder und Jugendliche brauchen dringend Perspektiven. Denn sonst treibt der Hunger sie in die Arme der Drogenbanden. Mega-Gefängnisse, wie sie Noboa liebt, sind keine Lösung, sondern Teil des Problems, und Geldmaschinen für die Organisierte Kriminalität, die sie kontrolliert.

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Politik für die Superreichen
Bildung und vor allem Arbeit wären eine Lösung – aber solche strukturellen sozialen Veränderungen sind nicht Noboas Priorität. Der Neoliberal-Konservative stammt aus der Oligarchie des Landes und macht Politik für sie – allen voran für seine eigene, superreiche Familie, deren Bananen-Imperium er schon in der ersten Amtszeit Steuervorteile verschaffte. Wollte er tatsächlich die Mächtigen im Drogenhandel bekämpfen, müsste er sich auch mit der Bananenindustrie anlegen – denn mit deren Containern gelangt ein Teil der Drogen nach Europa.
Stattdessen will er privatisieren, wo es nur geht. Die Natur dürfte ein weiteres Opfer sein. Noboa hat angekündigt, dass er die Verfassung ändern will, in der Rechte der Natur verankert sind. Expert:innen rechnen damit, dass er diese aushebeln will – unter anderem, um das Wasser zu privatisieren. Das könnte die Energiekrise des Landes verstärken – und geht ebenfalls zu Lasten der Schwächsten.
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