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Wie’s weitergeht im blauen Land

An einem Küchentisch auf dem taz lab diskutieren wir mit Ver­tre­te­r*in­nen der Zivilgesellschaft, aus Politik und Kultur in Ostdeutschland.

Gespräche am Küchentisch, sind doch eigentlich die besten. So wie an diesem Küchentisch bei einem taz-Panter-forum in Chemnitz letzten Sommer soll es werden. Nur noch wuseliger.

Von Anne Fromm

Nach den letzten Wahlen scheint es, als ob der Osten politisch nur noch eine Farbe kennt: blau. Die AfD wird stärker, in vielen Kreistagen, Gemeinderäten und sogar in einem ostdeutschen Landtag ist sie mittlerweile die stärkste Kraft. Noch ist es den demokratischen Parteien in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gelungen, Regierungen ohne die AfD zu bilden. Für die Wahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im nächsten Jahr sieht das aber schon jetzt schwierig aus. Den Witz „Zieht die Mauer wieder hoch“ erzählen sich Menschen außerhalb von Ostdeutschland längst nicht mehr nur noch hinter vorgehaltener Hand.

Dem wollen wir auf dem taz lab etwas entgegensetzen: keine Mauern sondern den epischsten Küchentisch aller Zeiten für all jene, die für ein demokratisches Ostdeutschland kämpfen. Sechs Stunden lang diskutieren wir mit Ver­tre­te­r*in­nen der Zivilgesellschaft, aus Politik und Kultur in Ostdeutschland, wie es dort weitergeht. Für jeweils 45 Minuten bringen wir zwei oder drei Leute zusammen, die mit der taz-Moderation und dem Publikum ins Gespräch kommen.

Um 11 Uhr geht es mit Lao Mälzer los, der gerade dabei ist, in Biesenthal ein integratives Café zu gründen. Zusammen mit Judith Porath von der Opferperspektive Brandenburg spricht er über zivilgesellschaftliches Engagement in der Provinz.

Birgit Lohmeyer lebt mit ihrem Mann in Jamel, einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Das Ehepaar ist umgeben von Neonazis. Einmal im Jahr veranstalten die beiden hinter ihrem Haus ein Rockfestival, zu dem namhafte Bands und hunderte Besucher anreisen. Aber wie ist ihr Leben, wenn die Gäste weg sind? Mit Oumar Diallo, der 2017 als unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter aus Guinea nach Thüringen kam, spricht Lohmeyer darüber, wie sie dem täglichen Hass begegnen.

In Sachsen hat der große Rechtsruck schon mit der Landtagswahl 2019 stattgefunden. Die Ver­tre­te­r*in­nen der demokratischen Parteien in Sachsens Parlamenten sehen sich schon lange einer quasi-dominanten AfD gegenüber. Lässt sich hier die viel beschworene Brandmauer überhaupt noch aufrecht erhalten? Darüber diskutieren Jonas Löschau, der für die Grünen in Bautzen im Stadtrat sitzt und die Politikwissenschaftlerin Andrea Hübler.

Für die Zivilgesellschaft ist nicht nur eine starke AfD ein Problem – auch die CDU hat längst angefangen, die demokratisch Aktiven ins Visier zu nehmen. Wie sie sich darauf einstellen, erzählen Sarah Schröder vom „Dorf der Jugend“ in Grimma und der Aktivist Jakob Springfeld.

Ocean Hale Meißner lebt in der sächsischen Kleinstadt Döbeln. Als queere Person ist er Anfeindungen gewohnt. Trotzdem: Weggehen kommt für ihn nicht infrage. Ganz anders hat sich das „Außenpostenkollektiv“ entschieden. Zusammen diskutieren sie die Frage, wie lange es sich lohnt vor Ort zu kämpfen, und wann es Zeit ist, zu gehen.

Demokratie-erprobt sind auch die Omas gegen rechts. Sie gehören zu denen, an deren demokratischer Überzeugung die CDU zweifelt. Dabei haben gerade die Omas immer wieder gezeigt, wie sehr sie doch Bindeglied sind, zwischen dem bürgerlichen und dem linken Lager. Donata Porstmann hat im sächsischen Döbeln die Oma-Ortsgruppe gegründet. Martina Bloch ist bei den Omas in Hamburg aktiv.

In Sachsen-Anhalt wird im nächsten Jahr gewählt. Dort könnte ab 2026 die erste AfD-geführte Landesregierung an den Start gehen. Ob und wie das noch verhindert werden kann beraten Robert Fietzke vom Kulturzentrum Halberstadt und Lena Lehmann, Bildungsreferentin beim Magdeburger Verein Miteinander.

Zum Schluss diskutieren wir noch die Frage, welche Narrative der Osten braucht: Aljoscha Begrich, der in Bitterfeld / Wolfen das Osten Festival mit veranstaltet spricht mit Jonas und Franziska Haug vom Kollektiv Diaspora Ost, die sich für eine Neubetrachtung der Ostdeutschen Geschichte einsetzen.

Küchentisch Pink im Besselpark: 11 – 17 Uhr.

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