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Zollaufschlag von 25 ProzentTrumps Rechnung geht zunächst auf

Nach der Zollankündigung von US-Präsident Donald Trump wollen deutsche Autobauer ihre Produktion in die Vereinigten Staaten verlagern.

Hafen von Veracruz in Mexiko: Der deutsche Autobauer Volkswagen lässt dort produzieren Foto: Felix Marquez/dpa

Berlin taz | Er hat bis zu 680 PS, ist 4,75 Meter lang und ab 58.000 Euro zu haben. Der GLC ist das meistverkaufte Automodell von Mercedes weltweit – und die Antwort der Schwaben auf Donald Trump. Ab 2026 soll der bullige SUV wahrscheinlich in den USA gebaut werden. Mercedes-Chef Ola Källenius hatte kürzlich gesagt, der Konzern müssen seine „industrielle Struktur anpassen“, um die neue geopolitische Lage meistern zu können. Das heißt: Um nicht unter den neuen Trump-Zöllen zu leiden, muss mehr vor Ort produziert werden.

Die Ankündigung des US-Präsidenten, ab kommenden Donnerstag auf Autos und leichte Nutzfahrzeugen aus dem Ausland einen Zollaufschlag von 25 Prozent zu erheben, hat in der Branche vielleicht in der Höhe, aber an sich niemand mehr geschockt. Zu oft hatte Trump über die europäischen „Schmarotzer“ und andere Handelspartner gelästert, die mit ihren unfairen Handelspraktiken „unsere Arbeitsplätze, unseren Wohlstand wegnehmen“. Bisher lag der Zollsatz für in die USA importierte Fahrzeuge bei 2,5 Prozent. Dagegen erhebt die EU 10 Prozent Zoll auf US-Fahrzeuge.

Trump ist besessen von der Idee, mit den Strafzöllen Jobs zurückholen zu können. Sein Handelsberater Peter Navarro prangerte „ausländische Handelsbetrüger“ an, die die USA in einen „Niedriglohn-Montagebetrieb für ausländische Teile“ verwandelt hätten. Und wettert gegen „Globalisten“, Anhänger des freien Welthandels. Trump stört sich an den strengen hiesigen Emissions- und Sicherheitsstandards und an der in Europa erhobenen Mehrwertsteuer. Dabei betrifft das alle Hersteller. Fast schon unter ging im ganzen Zolltrubel am Freitag die Nachricht, dass die USA ihre Zahlungen an die Welthandelsorganisation WTO ausgesetzt haben.

BMW rechnet mit Milliardenverlust

Hauptziel von Trumps Tiraden: Deutschland und sein mit 780.000 Arbeitsplätzen größter Industriezweig, die Autobranche. Die Deutschen sind größter US-Importeur, 2024 kauften die Amerikaner deutsche BMWs, Mercedes und Audis im Wert von knapp 23 Milliarden Euro – fast die Hälfte des Werts aller Autoimporte aus der EU. Wenn die Verkaufspreise aufgrund von Zöllen steigen, können Anbieter kurzfristig nur mit einer Maßnahme weiter verkaufen: Preise senken.

Allein BMW rechnet damit, dass der Zollstreit mit den USA etwa eine Milliarde Euro Gewinn kosten dürfte. Also reagieren die Hersteller pragmatisch und verlagern die Produktion in die Staaten. Auch VW denkt bereits über den Ausbau seines Werks im Bundesstaat Tennessee nach. Und über eine stärkere Auslastung seiner geplanten Pick-up-Fabrikation in South Carolina.

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Kurzfristig geht Trumps Rechnung also offenbar auf. Insgesamt halten ÖkonomInnen und PolitikerInnen seinen Kurs jedoch für fatal. Zölle erzeugen Gegenzölle oder andere Maßnahmen – und sind also hochriskant. Sie heizen die Inflation an und treffen damit die NormalbürgerInnen am härtesten. Und: Auch US-Firmen sind betroffen: Elon Musk, Regierungsberater und Tesla-Chef, sprach bereits von „nicht trivialen Auswirkungen“ der Zölle auf im Ausland eingekaufte Teile für seine E-Autos. Auch die Börsen leiden. Allein wegen Trumps Ankündigungen trudeln die Aktien­kurse weltweit seit Monaten, die US-Notenbank Fed hat ihre Wachstumsprognose für 2025 nach unten korrigiert.

EU bereitet sich auf Handelsdrama vor

Auch in Japan, wo jeder zehnte Arbeitsplatz von der Autoindustrie abhängt, findet Regierungschef Shigeru Ishiba Trumps Kurs „schwer zu verstehen“. Japan kündigte Gegenmaßnahmen an. Genau wie Kanada und Brasilien. China warnte, es gebe „in einem Handelskrieg keine Gewinner“.

Und Europa? Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte, sie bedaure die US-Entscheidung „zutiefst“. Handelsexperten der EU haben bereits eine Liste mit US-Waren vorbereitet, die mit Gegenzöllen belegt werden können. Allerdings dürften diese nicht alle sofort in Kraft treten.

Die EU bereitet sich auf ein langgezogenes Handelsdrama mit vielen Finten und Fallen vor. Bereits angekündigt ist, dass Mitte April US-Produkte wie Jeans, Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter mit Zöllen belegt werden, als Reaktion auf US-Zölle auf Stahl- und Aluminium­importe. Trump will auf jeden Fall weiter eskalieren: Für den 2. April hat er einen amerikanischen „Freiheitstag“ angekündigt – ein Paket mit neuen Zöllen, wohl auf pharmazeutische Produkte.

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8 Kommentare

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  • Es sollte verhindert oder zumindest mit Strafzahlungen belegt werden, dass deutsche Konzerne bei uns einfach so Mitarbeiter entlassen und keine Steuern mehr zahlen, um stattdessen in Amerika zu produzieren, allein, um ihre Aktionäre zu befriedigen.

  • Noch ein Grund mehr, den Auto-Schmarotzern ("Abwrackprämie", Kurzarbeitsgeld, "Forschungs"-Zuschüsse, ...) keine Träne nachzuweinen, sondern rasch den Umbau von Wolfsburg, Sindelfingen und Ingolstadt anzugehen.



    Zu Rad, Bus, ggf. auch Militärfahrzeugen, ...

  • Erstmal zahlen Verbraucher die Zölle. Bei BMW, Porsche und Co handelt es sich um Luxusgüter. Jenes Klientel wird also eine moderate Erhöhung der Preise zahlen (müssen) und zahlen wollen um jene Luxusgüter zu kaufen. Die USA haben überhaupt kein Problem, was Arbeitslosigkeit angeht insofern ist hanebüschen genau jene Industriearbeiter Jobs zurückzuholen, wo es keine Industriearbeiter mehr gibt...

  • Es wird Zeit den Dienstleistungssektor in diese Verhandlungen mit einzubringen. Denn schaut man sich nur den Warenverkehr an, haben die Amerikaner hier einen Punkt. Rechnet man allerdings Meta, Twitter etc. ein, dann sehen die Zahlen ganz anders aus.



    Und hier Druck zu machen ist aus mehreren Gründen sinnvoll: Die Plattformen sind ein Grund für das Erstarken rechter Parteien weltweit. Und unter Trump wird noch mehr Müll aus Sankt Petersburg die Feeds fluten.

    Facebook und Co in Europa sperren und zurück zu eigenen europäischen Plattformen wäre sicherlich möglich und meiner Ansicht nach mittlerweile nötig.

  • Zölle auf Pharma? Na hoffentlich auch Blutdrucksenker.....dann hat sich der cholerische Schwachsinn aus Amerika bald von selbst erledigt....( Nicht ganz ernst gemeint, aber bitter....)

  • Man erwartet ja genau das von deutschen Politikern: Ein paar Milliarden als Finanzspritze an die Automobilindustrie, und die stecken das Geld dann in die USA um vor der allmächtigen Orange zu buckeln.

  • Und Europa?



    ==



    Rollenmodel Carney in Kanada?

    ""Kanadas neuer Premierminister Carney hat den USA mit Gegenmaßnahmen gedroht, sollten die geplanten US-Zölle am



    2. April in Kraft treten.

    Er habe aber ein "sehr konstruktives" Telefonat mit Trump geführt, teilte Carneys Büro mit. Sie hätten vereinbart, bald "umfassende Verhandlungen über eine neue Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehung" zu beginnen.

    Auch Trump lobte das Gespräch mit Carney. ......""



    ==



    Carney im Original :



    ""Trump habe mit seinem Verhalten die bilateralen Beziehungen nachhaltig verändert. "Es gibt kein Zurück", sagte Carney, die USA seien "kein verlässlicher Partner mehr". ""

    Doppelstrategie:



    Kanada antwortet unmittelbar, klar & hart mit Gegenzöllen ---



    aber vereinbart mit Trump selbstbewusst & einen Gesprächstermin -- ohne sich täuschen zu lassen über den zukünftigen chaotischen und zerstörerischen Kurs der Gurkentruppe in den USA.



    ===



    Das Problem der EU wird an diesem Beispiel deutlich:



    Wegen steckengebliebener Integration der EU Staaten gibt es leider keinen Präsidenten/in der Europäischen Union der unmittelbar reagieren und einen klaren außenpolitischen Kurs



    fahren könnte.

    • @zartbitter:

      Das Hauptproblem ist wohl, daß weder Europa noch Deutschland seine eigenen Interessen vertritt, sondern für woke Ideen missionierend durch die Welt irren. Da nützt dann auch kein starker Präsident.