piwik no script img

Klimaunion setzt auf mehr Marktwirtschaft

Der CDU-nahe Verein hat ein Aktionsprogramm für die nächste Bundesregierung vorgelegt. Kri­ti­ke­r*in­nen fehlt eine solide Finanzierung der Vorhaben

Einen Kaufbonus für E-Autos lehnt die Klimaunion ab. Sie will, dass mehr Dienstwagen elektrisch fahren Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Von Jonas Waack

Die Klimaunion fordert von der nächsten Bundesregierung eine Verschärfung des Klimaschutzgesetzes. Das ist Teil des Aktionsprogramms des Vereins, in der Kli­ma­po­li­ti­ke­r*in­nen der Unionsparteien organisiert sind. Demnach sollten die von der Ampelregierung abgeschafften Sektorziele, zum Beispiel für Energie oder Verkehr, wieder eingeführt werden.

„Wir fordern eine andere Klimapolitik als die der Ampel“, sagt Berthold Schilling, Geschäftsführer der Klimaunion. Klimaschutz solle marktwirtschaftlicher und kosteneffizienter gestaltet werden. Zum Beispiel sollen beim Ausbau des Stromnetzes keine teuren unterirdischen Kabel mehr verwendet werden. Außerdem sollen Absicherungspflichten für Dunkelflauten am Strommarkt verkauft werden können. Private Anbieter würden sich so verpflichten, Strom einzuspeisen, wenn Wind- und Solarkraftwerke nicht ausreichend Energie liefern. Sie könnten aber selbst entscheiden, ob sie dafür Gaskraftwerke oder klimafreundliche Stromspeicher nutzen. Dadurch, hofft die Klimaunion, würden weniger staatlich verordnete fossile Überkapazitäten errichtet.

2027 werden der Gebäude- und der Verkehrssektor in den europäischen CO2-Handel integriert. Heizgaspreise könnten dann um ein Drittel steigen, der Preis von Benzin um 38 Cent pro Liter. Die Union hat in ihrem Wahlprogramm vor allem auf eine Senkung der Stromsteuer gesetzt, um eine finanzielle Überforderung der Ärmeren zu verhindern. Das sei aber kein sozialer Ausgleich, sagt Klimaunion-Geschäftsführer Schilling. „Eine Senkung der Stromkosten ist eine wirtschaftspolitische Maßnahme für die Unternehmen. Privathaushalten hilft sie nur, wenn sie zum Beispiel schon ein E-Auto haben.“ Nötig sei eine Förderung für den Umstieg auf nichtfossile Mobilität und Heizungen. „Bis 2030 kann das aber das beste Förderprogramm nicht schaffen“, sagt Schilling. Ergänzend sei ein Klimageld nach österreichischem Vorbild erforderlich. Dort erhalten Haushalte in der Stadt monatlich einen niedrigeren Betrag als jene auf dem Land, weil der ÖPNV in der Stadt besser ausgebaut und eine Alternative zum teuren, fossilen Autofahren ist.

Niklas Illenseer, Ökonom bei der sozialökologischen Denkfabrik Dezernat Zukunft, hält den ländlichen Fokus des österreichischen Modells für zu kurz gegriffen, obwohl Haushalte in ländlichen Regionen tatsächlich stärker belastet seien. „Soziale Härten treten maßgeblich auch im Wärmesektor auf“, sagt er. Grundsätzlich eigne sich das Klimageld vor allem dazu, kurzfristig Belastungsspitzen zu glätten. Langfristig schütze man Haushalte vor allem, indem man sie jetzt beim Umstieg auf nichtfossiles Heizen und Mobilität unterstützt.

„Viele in der Parteispitze stecken nicht so sehr im Thema drin“

Berthold Schilling, Geschäftsführer Klimaunion

Wie eine dauerhafte und auskömmliche Finanzierung für Ausbau, Erhalt und Betrieb der Energie- und Verkehrsinfrastruktur gesichert werden soll, bleibe im Programm der Klimaunion offen, kritisiert Vera Huwe, ebenfalls Ökonomin beim Dezernat Zukunft. Die Klimaunion fordert außerdem, institutionelle Anleger an der Finanzierung von Klimaschutz zu beteiligen. Das treibe aber die Kosten nach oben, sagt Huwe, weil sie anders als der Staat Rendite erwirtschaften müssen und höhere Finanzierungskosten haben.

Klimaschutz werde in den Parteispitze von CDU und CSU nicht generell abgelehnt, sagt Klimaunion-Geschäftsführer Schilling. „Viele stecken gar nicht so sehr im Thema drin.“ Daher müsse die Klimaunion aufklären. „Wir werden mit dem Aktionsprogramm eine Offensive starten“, sagt Schilling.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen