Warnstreiks im öffentlichen Dienst: Erst die Flieger, dann die Mülltonnen
Vor der Tarifverhandlung zum öffentlichen Dienst lässt Verdi die Muskeln spielen. Nach den Flughäfen sollen Müllabfuhr, Theater und mehr bestreikt werden.
„Unter den Beschäftigten herrscht maximale Verärgerung über die Haltung der Arbeitgeber, die noch immer kein Angebot vorgelegt haben und weiter mauern“, sagte Gewerkschaftschef Frank Werneke am Montag in Hamburg. „Die öffentlichen Arbeitgeber sollten wissen, dass wir durchsetzungsfähig sind.“ Das werde Verdi in den kommenden Tagen weiter deutlich machen.
Die Lufthansa wie auch andere Gesellschaften streben für den Dienstag einen möglichst reibungslosen Neustart an. Flugzeuge würden entsprechend positioniert und Dienstpläne angepasst, teilte der Konzern mit. Zu Tagesbeginn könne es noch ruckeln, der Flugbetrieb werde sich aber im Laufe des Tages normalisieren, sagt ein Sprecher des Frankfurter Betreibers Fraport.
Der zum Teil schon am Vortag begonnene Warnstreik an 13 deutschen Flughäfen hat am Montag große Teile des Flugverkehrs lahmgelegt. An den Flughäfen blieben die Abflughallen leer, weil die meisten Passagiere rechtzeitig von den Aktionen gehört hatten. Allein am größten deutschen Airport in Frankfurt am Main wurden 1.070 Starts und Landungen gestrichen. Dem Flughafenverband ADV zufolge sind deutschlandweit mindestens 3.500 Flüge ausgefallen und 560.000 Passagiere nicht an ihr Ziel gekommen.
Nur ganz wenige Flieger flogen
Bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) wurde für Montag mit 3.900 Instrumentenflügen ein deutlicher Rückgang im Luftraum um rund 60 Prozent registriert, wie ein Sprecher in Langen berichtet. Die meisten verbliebenen Flugbewegungen waren Überflüge ohne Start oder Landung in Deutschland.
Einige wenige Passagiere kamen trotz der flächendeckenden Streiks an ihr Ziel, weil Fluggesellschaften einige Flüge an nicht bestreikte Flughäfen in der Nachbarschaft verlagern konnten. So kam der kleine Airport in Braunschweig mit sechs zusätzlichen Starts und drei außerplanmäßigen Landungen an die Grenzen seiner Kapazität. Am Hunsrück-Flughafen Hahn starteten auf einmal Jets der Lufthansa-Tochter Discover zu Überseezielen, nachdem die Passagiere aus Frankfurt mit dem Bus dorthin gefahren wurden.
Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) kritisierte die Flughafenstreiks als „unangemessen“. „Die momentane Eskalationsstrategie der Gewerkschaften trifft vor allem unbeteiligte Dritte und schadet der Wirtschaft erheblich“, erklärte Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath.
Zwei verschiedene Tarifkonflikte
Bestreikt wurden die Flughäfen Frankfurt, München, Berlin, Hamburg, Hannover, Bremen, Düsseldorf, Dortmund, Köln/Bonn, Leipzig/Halle und Stuttgart. An den Airports Weeze (NRW) und Karlsruhe waren nur die Beschäftigten des Luftsicherheitsbereichs zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Ansonsten hatte Verdi die öffentlich Bediensteten der Flughafenbetreiber, der Bodenverkehrsdienste sowie die Beschäftigten an den Luftsicherheitskontrollen gemeinsam zum Ausstand aufgerufen.
Hintergrund sind zwei verschiedene Tarifkonflikte: Die Gewerkschaft fordert in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen unter anderem 8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber monatlich 350 Euro mehr, sowie drei zusätzliche freie Tage. Die VKA wies die Forderungen erneut zurück. Bei einer kommunalen Gesamtverschuldung von rund 160 Milliarden Euro „erweisen sich diese Forderungen als finanziell nicht darstellbar“, erklärte Benrath. Die nächste Verhandlungsrunde ist für diesen Freitag in Potsdam geplant.
In der Luftsicherheit fordert Verdi unter anderem die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, 30 Tage Urlaub und Zusatzurlaub für Schichtarbeit. Über den neuen Manteltarifvertrag mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) wird erst am 26. und 27. März wieder verhandelt.
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