piwik no script img

Letztes Kohlekraftwerk in BayernSöder setzt auf Sonne

Deutschland verstromte 2024 so wenig Kohle wie seit den fünfziger Jahren nicht mehr. Jetzt geht auch der letzte Kohleblock in Bayern vom Netz.

Die Sonne senkt sich ein letztes Mal über dem Kohlekraftwerk Zollingen in Bayern, und der wirtschaftliche Zusammenbruch bleibt aus Foto: W. Willner/imago

Berlin taz | Es ist das Ende einer Ära: An diesem Freitag stellt das Kraftwerk Zolling seinen Betrieb ein, das letzte mit Kohle befeuerte Kraftwerk in Bayern. „Überraschenderweise wird die bayrische Wirtschaft trotzdem nicht zusammenbrechen“, erklärt Annika Rulfs vom Bayrischen Landesverband Erneuerbare Energie. Im oberbayrischen Zollig lag der Brennstoffverbrauch in Volllast bei knapp 150 Tonnen Steinkohle pro Stunde, allerdings wurde diese volle Last in den letzten Monaten so selten benötigt, dass der Betrieb des Kraftwerks nicht mehr wirtschaftlich war.

Zahlen zum Strommix erhebt das bayrische Wirtschaftsministerium, allerdings hat es Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) damit scheinbar nicht eilig. „Für 2024 liegen noch keine Daten vor“, so Rulfs. Demnach kam 2023 der meiste in Bayern produzierte Strom aus der Sonnenkraft (26,6 Prozent), gefolgt von Wasserkraft (19 Prozent), Erdgas (knapp 18), Biomasse (gut 14) und Wind (knapp 10). Kohle war im Strommix 2023 mit nur 4,3 Prozent vertreten, damals lief auch noch das Atomkraftwerk Isar II.

Noch allerdings wird der Betreiber, die ONYX Power Group, das Kraftwerk in Oberbayern nicht zurückbauen. In Absprache mit dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber Tennet und der Bundesnetzagentur bleibt es bis April 2031 in der Netzreserve. Das bedeutet: Die Technik wird eingemottet, der Konzern erhält Geld vom Steuerzahler fürs Nichtstun. Oder wohlwollender formuliert: für die Bereitschaft wieder auszumotten, falls Politiker wie Friedrich Merz (CDU) tatsächlich einmal anfangen sollten, Windräder wieder abzureißen, „weil sie hässlich sind“.

Im März 2024 hatte ONYX sein Kohlekraftwerk Farge im Norden von Bremen stillgelegt, das inzwischen abgerissen wird. Der Konzern betreibt in Wilhelmshaven noch ein Steinkohlekraftwerk, das erst 2015 ans Netz gegangen war und 731 Megawatt Leistung besitzt. Aber die Kohleverstromung wird wirtschaftlich immer unattraktiver: Der Anteil von Strom aus Kohlekraftwerken sank im deutschen Strommix 2024 auf etwa 23 Prozent. Damit hat Deutschland so wenig Strom aus Kohle erzeugt wie seit den fünfziger Jahren nicht mehr.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • DA ist die CSU aber mal wieder wie gewohnt spät dran. Haben doch die Bürger, die SPD, die Grünen und Linken im Stadtrat das letzte städtische Kohlekraftwerk schon vor drei Jahren auf Gas umgestellt da es bis 2028 wegen der überregionalen Stromversorgung (CSU) Systemrelevant ist, wegen unfertigem Südlinkkabel (ausgebremst durch Söder & Co) und bis 2035 wegen Heizwärmerelevanz, da noch unzureichende Geothermie vorhanden ist. Würden auch zu letztem die CSU und die FW nicht bremsen, wäre auch der Gasbetrieb schon längst Geschichte. Wer hat die verspätete CO²-REduktion zu verantworten? Immer noch die gleichen wie schon seit 1970.

  • Der Markt regelt es, da kann sich ja die Alitsche von der AfD freuen, die angebliche Marktradikalinska. Über die fossilen Dinosaurier geht die Zeit einfach hinweg. Lohnt sich einfach nicht mehr, Kohle zu verbrennen. In einer Marktwirtschaft DAS Argument schlechthin, nebenbei sparen wir CO2, gute Sache.