Verfolgung von Christen in Iran: In die Kirche gehen? Im Iran Anlass für Haftstrafen
Konvertiten zum Christentum bedrohten die Nationale Sicherheit, und auch Minderheiten sind nicht sicher. Die Islamische Republik geht immer härter gegen sie vor.
Gochumyan ist nicht allein: Insgesamt sind zehn Personen in demselben Verfahren angeklagt. Vier von ihnen erhalten ebenfalls zehnjährige Haftstrafen, eine Person wird zu zwei Jahren Haft verurteilt. Fünf weitere Christen werden mit Ausreiseverboten und Wohnbeschränkungen in Teheran belegt. Hinzu kommen hohe Geldstrafen und die Beschlagnahmung von Eigentum, darunter Bargeld, digitale Geräte und Immobilien.
Der Fall verdeutlicht die gravierende Lage der christlichen Minderheit in Iran. Zwar sind armenische und assyrische Christ*innen offiziell anerkannt, doch auch sie erleben Diskriminierung und Einschränkung ihrer Rechte. Konvertiten, die die größte Gruppe der Christ*innen in Iran ausmachen, wird die Legitimität abgesprochen. Hauskirchen, in denen sich Konvertiten treffen und im Geheimen Gottesdienst feiern, werden als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“ eingestuft und verfolgt.
Die iranischen Behörden verschärften 2024 ihre Repressionen, wie der Jahresbericht der Organisation „Article 18“ zeigt. Insgesamt wurden 139 Christ*innen verhaftet, 96 von ihnen zu Haftstrafen von insgesamt 263 Jahren verurteilt. Die außerdem auferlegte Geldbußen umfassten insgesamt fast 800.000 US-Dollar.
Kirchenaktivitäten werden kriminalisiert
Ein neuer Trend im Jahr 2024 war die gezielte finanzielle Schwächung christlicher Gemeinschaften. Die Revolutionsgarden (IRGC) überprüften die Transaktionen von Christ*innen und ihren Anwälten, insbesondere wenn Gelder aus dem Ausland stammen. Kirchenaktivitäten, die weltweit durch Spenden ermöglicht werden, werden kriminalisiert.
Neben den finanziellen und juristischen Angriffen setzen die iranischen Behörden auf öffentliche Diffamierung und psychologischen Druck. Besonders perfide sind die Versuche, Christ*innen zu erzwungenen Geständnissen und Reuebekenntnissen zu zwingen. Ein Ehepaar wurde nach seiner Freilassung aus der Haft dazu verpflichtet, den Kontakt zu anderen Christ*innen abzubrechen und „islamischen Unterricht“ zu besuchen, berichtet „Article 18“.
Die systematische Unterdrückung von Christ*innen in Iran verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen, insbesondere Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), den Iran ratifiziert hat. Dieser garantiert die Religionsfreiheit, einschließlich des Rechts auf Konversion und der Ausübung des Glaubens in Gemeinschaft. „Article 18“ fordert die internationale Gemeinschaft auf, das Islamische Regime in Iran für die Nichterfüllung seiner Verpflichtungen nach internationalem Recht zur Rechenschaft zu ziehen sowie die Angst vor Verfolgung geflüchteter Christ*innen anzuerkennen.
„Christinnen und Christen aus dem Iran wird im Asylverfahren oft nicht geglaubt, selbst wenn Kirchengemeinden ihre christlichen Aktivitäten bestätigten“, berichtet Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher bei PRO ASYL auf Anfrage der taz. „Dabei ist für sie die Lage im Iran extrem gefährlich. Circa jeder fünfte Asylsuchende aus dem Iran hat einen christlichen Glauben, dennoch sank die Anerkennungsquote für iranische Schutzsuchende zuletzt drastisch. Das führt dazu, dass Menschen in ein Land abgeschoben werden, in dem ihr Leben bedroht ist“, so Alaows.
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