piwik no script img

Stickstoff-Ausstoß der LandwirtschaftUrteil gegen Überdüngung in den Niederlanden

Die Regierung in Den Haag tue zu wenig gegen Stickstoff-Emissionen aus der Landwirtschaft, urteilt ein Gericht. Kommen jetzt schärfere Umweltauflagen?

Oud-Alblas, Südholland, März 2023: Ein Bauer düngt sein Feld Foto: Jeffrey Groeneweg/ANP/imago

Den Haag/Berlin dpa/taz | Die Niederlande müssen nach einem Gerichtsurteil strengere Maßnahmen zum Naturschutz ergreifen. Damit drohen Bauern in dem Land schärfere Umweltauflagen. Der Staat tue zu wenig gegen die Schädigung der Natur durch Stickstoffausstoß vor allem durch die Landwirtschaft, urteilte das nationale Zivilgericht in Den Haag am Mittwoch. Es gab einer Klage der Umweltschutzorganisation Greenpeace recht.

Die Regierung muss nun dafür sorgen, dass die schädlichen Emissionen von Stickstoffverbindungen in Naturschutzgebieten bis Ende 2030 um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Das Urteil kann große Folgen haben für die intensive Viehwirtschaft und ist ein Schlag für die rechte Koalition.

Die populistische Protestpartei der Bauern BBB ist seit 2024 Teil der Koalitionsregierung und lehnt Eingriffe wie die Reduzierung des Viehbestandes vehement ab. Das Gericht erklärte die bisherigen Maßnahmen aber für unzureichend. Bis heute seien keine neuen Maßnahmen erlassen worden, nachdem ein zuvor beschlossenes Programm zur Stickstoffreduzierung gestrichen worden sei, rügten die Richter.

Der Staat hatte angeführt, dass strengere Maßnahmen unausführbar seien und große wirtschaftliche Folgen hätten. Aber das Argument ließen die Richter nicht gelten. Bereits seit Jahren sei bekannt, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichten.

Ähnliches Problem in Deutschland

Andy Palmen, Direktor von Greenpeace Niederlande, sagte: „Dieses Urteil ist ein Fest für die Natur und bringt endlich Klarheit. Der Staat hat die Maßnahmen immer wieder hinausgezögert und die Gesellschaft als Ganzes sowie Landwirte und Unternehmen im Ungewissen gelassen.“

Seit Jahren verschlechtert sich der Zustand der Naturgebiete durch schädliche Stickstoffverbindungen. Hauptverursacher ist die Viehwirtschaft. Doch scheiterten Eingriffe bisher am heftigen Widerstand der Bauern. Mehrfach hatten Landwirte in den vergangenen Jahren massiv und gewaltsam gegen die Umweltauflagen protestiert – unter anderem mit Blockaden von Autobahnen.

Auch Deutschland hat ein Problem mit zu viel Stickstoffausstoß: Die Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft hatten Mitte 2024 einen alarmierenden Bericht zur Belastung von Gewässern mit der Stickstoffverbindung Nitrat durch die Agrarbranche veröffentlicht. Demnach wurde 2020 bis 2022 der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Grundwasser an 25,6 Prozent der Messstellen des EU-Nitratmessnetzes überschritten. Das ist nur rund 1 Prozentpunkt weniger als von 2016 bis 2018.

Hauptursache ist, dass Landwirte im Schnitt Wissenschaftlern zufolge trotz deutlicher Verbesserungen immer noch pro Jahr und Hektar rund 80 Kilogramm Stickstoff etwa in Gülle oder Mineraldünger mehr ausbringen, als ihre Pflanzen aufnehmen. Dieser Überschuss an Pflanzennährstoff schadet Klima, Grundwasser und Artenvielfalt. Die deutschen Küstengewässer verfehlten dem Bericht zufolge erneut den „guten ökologischen Zustand“, vor allem durch zu viel Phosphor, der ebenfalls als Düngemittel genutzt wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • ...."Stickstoffverbindungen in Naturschutzgebieten bis Ende 2030 um mindestens 50 Prozent reduziert ...."

    Sieht nach einem Typo aus. Oder ist durch die LW wirklich die Stickstoffemission in NaturSCHUTZgebieten zu reduzieren?

    Abgesehen davon. Das wird wohl wieder einige Bauernproteste nach sich ziehen.