Landtagswahl in Österreich: Burgenland bleibt rot – trotz blauer Welle
Die SPÖ verliert zwar ihre absolute Mehrheit, bleibt aber mit 46 Prozent klar stärkste Kraft. Die rechte FPÖ landet auf Platz zwei. Ein Triumph für SPÖ-Mann Doskozil?
Knapp hinter der FPÖ landete die ÖVP mit 22,3 Prozent, ein Minus von knapp neun Prozentpunkten. In den burgenländischen Landtag einziehen werden auch die Grünen, sie kamen auf 5,6 Prozent. Die liberalen Neos (2 Prozent) sowie eine regionale Liste schafften den Einzug hingegen nicht.
Trotz des Verlusts der absoluten Mehrheit hat der amtierende SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil Grund zur Freude: Das Ergebnis macht einen Zusammenschluss von FPÖ und ÖVP gegen die SPÖ unmöglich – jener Parteien, die derzeit auch im Bund eine Regierung verhandeln. Doskozil hat nun die Wahl zwischen ÖVP, FPÖ und Grünen für eine Koalitionsregierung.
Als früherer burgenländischer Polizeichef, ehemaliger Verteidigungsminister im Bund und aufgrund seiner konservativen Positionen in der Migrationspolitik gilt Doskozil als Vertreter des rechten SPÖ-Flügels. Durch die Lage im Osten Österreichs mit Grenzen nach Ungarn, Slowakei und Slowenien verfängt das Thema Migration im Burgenland besonders.
Mit der Burgenland Holding gegen die Strukturschwäche
Gleichzeitig setzte Doskozil stark auf Förderungen und Investitionen – im vergleichsweise strukturschwachen und teils peripheren Burgenland ebenso entscheidend. Über seine Burgenland Holding kontrolliert das Land mittlerweile 81 Unternehmen mit mehr als 6.600 Beschäftigten – von Thermen über Busunternehmen bis hin zu einer Hochzeitsplanungsplattform.
Doskozils Agenda umfasste zudem einen Mindestlohn von 2270 Euro netto für Landesbedienstete, kostenlosen Kindergarten und eine umfassende Pflegereform mit geplanten Stützpunkten in allen 171 Gemeinden. Im öffentlichen Verkehr gründete das Land ein eigenes Busunternehmen. Doch die Politik hat ihren Preis: Seit 2019 sind die Landesschulden um 41 Prozent gestiegen. Kritiker bemängeln zudem die intransparenten Strukturen der Landesholding und gekürzte Gemeindezuweisungen.
Die FPÖ war mit Norbert Hofer in die Landtagswahl gegangen, der ebenso in der Bundespolitik große Bekanntheit erreichte. Der frühere Infrastrukturminister und dritte Nationalratspräsident galt als höflich im Ton, aber um nichts weniger hart in der Sache als derzeit Herbert Kickl. Den prozentuell größten FPÖ-Erfolg überhaupt erlangte er bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016: In der ersten Runde landete er mit 35 Prozent auf Platz eins, bevor er in der Stichwahl hauchdünn gegen den Grünen Alexander Van der Bellen verlor.
Das Burgenland ist mit rund 300.000 Einwohnern das kleinste österreichische Bundesland. Trotz seiner besonderen regionalen Charakteristika dürfte das Ergebnis im Bund für Wellen sorgen: Die FPÖ wird ihren zweiten Platz als weiteren Erfolg verkaufen können, während der dritte Platz der ÖVP für zusätzliche Unruhe in der Partei sorgen wird.
Wer könnte von der SPÖ rechtsneigende Wähler gewinnen?
Die größten Wellen dürfte es aber in der SPÖ geben. Sie erreichte bei der Nationalratswahl letzten Herbst mit 21,14 Prozent das schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Ins Rennen gegangen war da Andreas Babler, der zuvor noch als große Zukunftshoffnung gegolten hatte und gern Bundeskanzler geworden wäre.
Im Mai 2023 hatte der dezidiert linke Babler in einer Mitgliederbefragung den SPÖ-Bundesparteivorsitz knapp gewonnen – gegen Doskozil. Die Befragung selbst hatte Doskozil mit seinen Querschüssen gegen die Bundespartei wesentlich mitverursacht, weil er mit dem Mitte-Links-Kurs der Bundespartei unzufrieden war.
Während Babler nicht ausreichend rechtsgeneigte Wähler für sich gewinnen konnte, wird Doskozil genau das zugetraut – nach der nunmehrigen Landtagswahl wohl mehr denn je. Mit weiteren Querschüssen aus dem Burgenland nach Wien ist auch weiterhin zu rechnen.
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