: Rot-grüner Teppich für den AfD-Chef
Der Chef der AfD-Bundestagsfraktion, Tino Chrupalla, tritt in der Hamburger Friedrich-Ebert-Halle auf, die der Stadt gehört. Das Bündnis gegen rechts fordert, das zu stoppen
Von Andreas Speit
Mit den Namensgeber hat der Gast nichts gemein. Am Sonntag tritt der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Tino Chrupalla, in der Friedrich-Ebert-Halle in Hamburg auf –benannt nach dem früheren Reichspräsidenten von der SPD. Vermietet wird die städtische Halle vom Gebäudemanagement Hamburg (GMH). In dessen Aufsichtsrat sitzt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und mit ihm eine Reihe von Staatssekretär*innen von SPD und Grünen.
Chrupalla unterstützt mit seinem Besuch den Bundestags- und Bürgerschaftswahlkampf unter dem Motto „Es ist Zeit für Hamburg und für Deutschland“. Auf der Website des Gebäudemanagements Hamburg (GMH) wird die Nachmittagsveranstaltung nicht angekündigt. Dabei könnte Chrupallas Auftritt eine der größten AfD-Veranstaltungen im Wahlkampf werden. In der 1929 erbauten Ebert-Halle finden 1.100 Gäste Platz.
Felix Krebs vom Hamburger „Bündnis gegen rechts“ (HBGR) fordert, „die Vermietung an die AfD unverzüglich zu kündigen“. Sollte dies juristisch nicht mehr möglich sein, fordere das Bündnis, „die Einnahmen von mehreren Tausend Euro an Organisationen der humanitären Seenotrettung zu spenden“.
Offenbar habe der Senat nichts gelernt im Umgang mit der AfD, sagt Krebs. Denn vor acht Jahren konnte die AfD die Halle schon einmal nutzen. In einem offenen Brief forderte das HBGR damals, die Vermietung zu stornieren. Das HBGR wies darauf hin, dass das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus zusammen mit dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga einen Ratgeber veröffentlicht habe, wie solche Anmietungen verhindert werden können.
„Diese Option haben auch Einrichtungen in staatlicher Trägerschaft“, sagt Rechtsanwalt Björn Elberling. Zwar könne sich daraus ein Rechtsstreit ergeben, doch müsse ein solcher nicht vorauseilend vermieden werden.
In Hamburg hat das Bürgerhaus Wilhelmsburg solch eine Klausel rechtssicher formuliert. Seit 2019 finden in der öffentlich geförderten Einrichtung keine AfD-Veranstaltungen mehr statt.
„Nichts getan?“, fragt nun das HBGR das städtische Gebäudemanagement. Der Senat, die Behörden, Ämter und städtischen Unternehmen hätten offenbar immer noch „keinerlei Bewusstsein“ dafür, „wie die viel beschworene Brandmauer umgesetzt werden soll“, sagt Krebs mit Blick auf die Abgrenzung zur AfD.
Chrupallas Auftritt ist für 16 Uhr geplant. In der AfD wird der Malermeister aus Sachsen gerade sehr geschätzt. Ihm wird zugute gehalten, dass die Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion und Co-Bundessprecherin Alice Weidel ohne öffentlichen Streit zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gekürt werden konnte.
In der AfD trägt Chrupalla immer wieder radikale Zuspitzungen und Positionen mit. Er behauptet, dass Deutschland ein riesiges Problem mit Migranten habe, da „die meisten ins Bürgergeld“ einwandern würden. Er sagt, dass eine Umerziehung die nationale Identität untergrabe und fordert, den Sieg Russlands in Ukraine-Krieg zu akzeptieren.
Dass das sächsische Oberverwaltungsgericht am Dienstag die Beschwerde des Landesverbandes gegen die Einstufung durch den Landesverfassungsschutz (VS) als „gesichert rechtsextremistisch“ abwies, wischt Chrupalla weg. Für ihn, über den der VS selbst Daten sammelt, ist die Einstufung politisch motiviert.
Unterdessen könnte sich der Hamburger Senat durch eine weitere Veranstaltung zum Handeln motiviert sehen. Die GMH kündigt auf ihrer Website einen Abend mit Daniele Ganser an. Der Historiker ist durch Verschwörungserzählungen bekannt geworden. In dem Video „Pandamned“ über die Covid-19-Pandemie vergleicht er Geimpfte und Ungeimpfte mit Nazis und Juden. Einzelne Veranstaltungen anderswo wurden nach öffentlicher Kritik abgesagt.
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