Die Wahrheit: Glückliches Jahr
Gewöhnlich ist Donnerstag der Gedichtetag auf der Wahrheit. Nach Weihnachten darf sich die Leserschaft an einem zeitlosen Weitsichtgedicht erfreuen.
Du musst an den Frühling glauben,
glaub mir, weil er sonst nicht kommt.
Lass dir nicht den Glauben rauben.
Februar und März – und prompt
kommt der Frühling zwitschernd, singend,
pfeifend schwingst du dich aufs Rad,
raus musst du und zwar sehr dringend,
inhalierst das Konzentrat:
Frühling, Lüfte, Düfte. Kühe
grüßen dich auch heute nicht.
Wäre viel zu viel der Mühe,
muhen nicht für ein Gedicht.
Du musst an den Sommer glauben,
ja, ich weiß, ist manchmal schwer.
Lass dir nicht den Glauben rauben,
denn sonst kommt kein Sommer mehr.
Und schon ist das Freibad offen
und der Sprungturm auf.
Du musst auf den Sommer hoffen
und den Sommerschlussverkauf.
Wind winkt durch der Weizen Wellen,
unter Bäumen steht ein Pferd,
krachend kaut es Mirabellen.
Ist das nicht bemerkenswert?
Auch den Herbst sollst du ersehnen,
denn du weißt, er tut dir gut,
darfst im Wald die Seele dehnen.
Macht das glücklich? Absolut.
Laub macht glücklich. Laub auf Haufen.
Laub in praktisch jeder Form.
Und auch durch das Laub zu laufen,
hebt die Laune echt enorm.
Mit Kastanien in der Tasche,
Erde an den Schuhn nach Haus,
öffnest eine grüne Flasche,
trinkst sie ohne Eile aus.
Langsam auf den Winter warten,
denn der lässt sich gerne Zeit,
schaust durchs Fenster in den Garten,
übst dich in Genügsamkeit.
Heizung bullert, wärmt das Zimmer,
draußen ist es nass und kahl.
Kaum ein Vogel und kein Schimmer.
It’s so hard to say: egal.
Lass dich nicht vom Winter stören.
Bis zum ersten Schmetterling
kannst du doch Bill Evans hören,
yes, you must believe in spring.
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