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Außergerichtliche Einigung gescheitertVW wegen möglicher Sklavenarbeit in Brasilien verklagt

Auf einer Farm im Amazonas-Gebiet sollen Arbeiter in den 1970ern und 1980ern wie Leibeigene gehalten worden sein.

Eine außergerichtliche Einigung mit Volkswagen do Brasil ist bereits gescheitert Foto: picture alliance/dpa | Andressa Andressa

Brasilia dpa | Die brasilianische Staatsanwaltschaft für Arbeitsrecht hat Volkswagen do Brasil wegen möglicher Sklavenarbeit auf einer Amazonas-Farm in den 1970er und 1980er Jahren verklagt. In der Zivilklage fordert die Behörde Entschädigungszahlungen in Höhe von 165 Millionen Reais (rund 26 Millionen Euro). Volkswagen do Brasil äußerte sich dazu auf Anfrage zunächst nicht. Im März vergangenen Jahres war eine außergerichtliche Einigung gescheitert.

Die Vorwürfe beziehen sich auf die Zustände auf dem Agrarbetrieb Fazenda Volkswagen, der einer Tochterfirma von Volkswagen do Brasil gehörte. Nach Angaben der Ermittler hinderten bewaffnete Wachleute und ein System der Schuldknechtschaft die Arbeiter am Verlassen der Farm. Das seien Merkmale von moderner Sklavenarbeit.

„Dokumente und Zeugenaussagen belegen die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen auf der Fazenda während dieser Zeit“, sagte Staatsanwalt Rafael Garcia Rodrigues. „Die Arbeiter waren durch erschöpfende Arbeitszeiten, entwürdigende Arbeitsbedingungen und Schuldknechtschaft sklavereiähnlichen Bedingungen ausgesetzt.“

Mit der Fazenda Volkswagen wollte der Autokonzern damals in das Fleischgeschäft einsteigen. Die Farm wurde in den 1970er Jahren gegründet und von der brasilianischen Militärdiktatur unterstützt. Sie war rund 1.400 Quadratkilometer groß und hatte etwa 300 Arbeiter. Die für die Rodung zuständigen Leiharbeiter waren nicht direkt bei dem Tochterunternehmen angestellt.

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12 Kommentare

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  • Die Einstellung einiger Verantwortlicher in dem Konzern gegenüber dem Personal hat sich bis heute nicht wesentlich verbessert. In frühkapitalistischer Manier werden die eigenen Mitarbeiter*innen auch heute noch behandelt, siehe die derzeitige Lage des Konzerns: Lohnkürzungen hier und gigantische Dividenden und Vorstandsbezüge dort und völlige !! Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Leute. Sklaven wurden mit Peitschenhieben traktiert - hier ist man etwas vornehmer und setzt Psychogewalt ein... Hauptsache die Gewinne stimmen.

    • @Perkele:

      Die Situation der Mitarbeiter des brasilianischen Dienstleisters mit der der deutschen VW-Mitarbeiter zu vergleichen, zeugt nicht von ausgeprägter Unterscheidungsfähigkeit. In Wolfsburg hat ein MA das höchste Einkommen in der BuRep, bei zumeist 33 Wochenstunden und 36 Tagen Urlaub. In dieser Sulhle hat man sich die letzten -zig Jahrzehnte gemästet und wundert sich nun, dass der Konzern nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

      • @maxwaldo:

        ...und noch was: Gemeinhin heisst es doch: wenn's der Wirtschaft gutgeht, geht es auch den Arbeitnehmer*innen gut. Gilt das bei VW nicht? Dass es dem Konzern blendend ging ist wohl unbestritten - also ist es doch nur logisch nach obiger Formel, dass es den Beschäftigten auch gut gehen (sollte)...

      • @maxwaldo:

        Ach so, ja ich vergaß: Arbeitnehmer haben mit dem zufrieden zu sein, was ihnen gnädigerweise zugeworfen wird. Die Vorstände, die Aktionäre hingegen müssen auf jeden Fall üppigst bedient werden. Es herrscht ja schließlich freie Marktwirtschaft - für die Stärkeren.

        • @Perkele:

          nein, sie müssen sich nicht damit abfinden, was ihnen der AG zuwirft. Mit Sicherheit gibt es im Arbeitsvertrag einen Passus der festlegt wie er seinen AVertrag auflösen kann.

  • Wie schaut es den mit Verjährungsfrist aus?

  • Ich habe noch nie verstanden, warum VW sich diesem historischen Versagen nicht viel früher gestellt und die Farmarbeiter zumindest finanziell entsprechend entschädigt hat. Muss es immer erst zum juristischen Gau kommen, bevor die Geschäftsleitung in Wolfsburg, auch im eigenen Geschäftsinteresse, die Angelegenheit mit Weitblick löst? Klassischer Fall von Managementversagen auf den höchsten Ebenen.

    • @vieldenker:

      Da kommt vieles zusammen. Man glaubte, mit den Entschädigungen für die Geheimdienstopfer in der bras. Konzernzentrale schon genug getan zu haben. Unter Bolsonaro konnte man darauf hoffen, das Verbrechen aus der Diktatur nicht weiter verfolgt werden. Und es gibt halt diese Leiharbeitsfirma, auf die man die Schuld in diesem Fall abzuschieben versucht. Da kommt viel zusammen.

      • @Günter Picart:

        Mag sein, aber an Stelle der Manager in Wolfsburg hätte ich das Risiko des potentiellen Reputationsverlusts deutlich höher eingeschätzt, als den möglichen Gewinn durch proaktives Unterstützen der damals Betroffenen.

  • In 50 Jahren dann eine Klage wegen Sklavenarbeit in China? Warum dauert das so lange?

  • Ein Autokonzern will in die Fleischindustrie, auf die Idee muss man erstmal kommen....ein Paar mehr Hintergrundinfos wären nett gewesen, zum Beispiel, warum die Anklage erst jetzt erhoben wurde oder warum die aussergerichtliche Einigung gescheitert ist

  • nach 50 Jahren wird Anklage erhoben? Ach ja, die wollen Geld haben solange VW noch etwas hat - es VW noch gibt...