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Neue Bewegung Studis gegen RechtsAntifaschismus auf dem Seminarplan

Viel los bei der ersten Vollversammlung der „Studis gegen Rechts“ an der FU: Die Initiative mobilisiert gegen den AfD-Bundesparteitag im Januar.

Viel Werbung – große Teilnahme Foto: Studis gegen Rechts

Berlin taz | „Bitte kommt nicht mehr rein. Wir müssen den zweiten Saal aufmachen“, tönt es unter Jubelrufen aus einem Lautsprecher in den überfüllten Audimax der Freien Universität (FU) im Henry-Ford-Bau. Doch auch der zweite Hörsaal reicht kaum für alle Interessierten aus, die am Dienstagnachmittag an der Vollversammlung der Initiative „Studis gegen Rechts“ teilnehmen wollen. Menschen stehen am Rand, sitzen auf dem Boden oder versuchen aus dem Flur aufzuschnappen, was drinnen passiert.

Die antifaschistische Bewegung an Universitäten hat sich im Frühjahr nach Bekanntwerden des sogenannten AfD-Geheimtreffens formiert. Gruppen gibt es bundesweit, in Berlin an den drei großen Unis – Freie, Humboldt- (HU) sowie Technische Universität (TU) – sowie der Alice-Salomon-Hochschule, der Hochschule für Technik und Wirtschaft und der Berliner Hochschule für Technik. Die Ambitionen sind riesig: Man könne „die größte Studierendenbewegung des Jahrzehnts aufbauen“, heißt es in der Einladung für die Vollversammlungen, die am Donnerstag an der HU und TU fortgesetzt werden.

Die Studis gegen Rechts, die dem linken Studierendenverband SDS nahestehen, haben im Vorfeld viel dafür getan, dass die Premiere an der FU nicht zu übersehen war: Sie haben Wände mit roten Plakaten beklebt, Vorlesungen und Seminare besucht, Flyer verteilt und Studierende auf dem Universitätsgelände angesprochen. „Man kommt an uns nicht vorbei“, sagt eine Sprecherin der Initiative der taz. Das Ergebnis ist eine Versammlung, wie sie außerhalb von Streikzeiten nur selten zusammenkommt. Insgesamt 1.200 Studierende und weitere Interessierte sind gekommen.

Die neue Initiative will sich nach eigenen Angaben dem gesellschaftlichen Rechtsruck entgegenstellen und an den Unis für diskriminierungsfreie Räume kämpfen. „Die politische Entwicklung hat mich dazu bewegt teilzunehmen“, sagt eine Teilnehmerin der taz. Ein anderer, der sich als Arne vorstellt, pflichtet ihr bei: „Die AfD muss gestoppt werden. Historisch war es immer so, dass Studierende politische Macht hatten, ein Zeichen zu setzen. Das wollen wir heute auch tun.“

Parteitag blockieren

Im Fokus steht der bevorstehende AfD-Bundesparteitag am 11. Januar im sächsischen Riesa. Das bundesweite Bündnis Widersetzen, gegründet vor dem vergangenen AfD-Treffen in Essen im Juni, will dort protestieren. Die Studis gegen Rechts sind Teil davon. Ihr Redner auf der Bühne des Audimax kündigt dann auch an: „Auch wenn es wie bei David gegen Goliath wirkt, der AfD-Parteitag wird nicht stattfinden.“ Jemand ruft: „Alle zusammen gegen den Faschismus“ – und der ganze Saal stimmt ein.

Nazi-Demo am Samstag

Für die geplante rechtsextreme Demonstration der neuen Gruppierung „Aktionsbündnis Berlin“ am Samstag gibt es eine neue Route. Sie soll nun vom Ostkreuz über die Neue Bahnhofstraße, Gürtelstraße, Frankfurter Allee bis zur Lichtenberger Brücke führen. Anders als ursprünglich geplant wird die Demo damit nicht mehr mitten durch Friedrichshain ziehen. Antifas haben Blockaden angekündigt. (taz)

Später spricht dann auch Ferat Koçak zu den Studierenden, Mitglied des Abgeordnetenhauses und Linken-Direktkandidat für den Bundestag in Neukölln. Am Donnerstag erwartet Koçak als Nebenkläger das Urteil gegen zwei angeklagte Neonazis, denen Brandstiftung an seinem Auto vorgeworfen wird. Im Hörsaal spricht er von der Kraft, die er und andere Betroffene rechter Gewalt durch die Organisierung der antifaschistischen Studis spüren würden.

Konkrete Beschlüsse, wenn auch nicht bindend, werden dann auch noch gefasst: Die Universität solle gegen rechtsextreme Lehrinhalte aktiv werden und Anzeigen gegen propalästinensische Be­set­ze­r:in­nen zurückziehen. Vom Redner der Studis gegen Rechts, die diese Forderungen eingebracht hatten, heißt es dazu: „Wenn Rassismus oder Homophobie normalisiert werden, wenn friedlicher Protest von Studierenden kriminalisiert wird, wenn die Hochschulleitung die eigenen Studierenden im Namen der Staatsräson von der Polizei zusammenschlagen lässt, dann ist der Rechtsruck auch an der Uni angekommen.“

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