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Krankenhausreform passiert BundesratOperation vielleicht gelungen

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Lauterbachs milliardenschweres Reformprogramm kann in Angriff genommen werden. Es ist eine Chance, die alten Fehlentwicklungen zu korrigieren.

Die Umsetzung der größten Krankenhausreform seit 20 Jahren kann in Angriff genommen werden: Karl Lauterbach (SPD) Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

L etzte Folge der Reformserie „Die Lauterbach-Klinik“ titelte die taz am Freitag, dem Tag der Abstimmung der großen Krankenhausreform im Bundesrat. Ganz so klar war das längst nicht und wenn man ganz genau sein will, befanden wir uns ja auch eher in den letzten Zügen der Pilotstaffel, die sich zugegebenermaßen erstaunlich lange hingezogen hat.

Seit zwei Jahren hangeln sich Bund und Länder von einem Cliffhanger zum nächsten, kurz vor der Abstimmung wird doch tatsächlich noch eine Gesundheitsministerin entlassen, weil sie sich für das Gesetz aussprechen wollte. Jetzt haben sie sich ausreichend zusammengerauft, dass der eigentliche Plot, die Umsetzung der größten Krankenhausreform seit 20 Jahren, überhaupt beginnen kann. Das Ampel-Aus dürfte dafür am Ende hilfreich gewesen sein.

Die Beziehungen, die sich zwischen den Lan­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­r*in­nen und dem Bundesgesundheitsminister in diesen zwei Jahren der Verhandlungen entspannen, waren äußerst fragil, die Auftritte der Prot­ago­nis­t*in­nen durchaus einer Soap würdig. Mal erschienen sie gemeinsam, mal nicht. Mal polterte einer der wichtigsten CDU-Gesundheitsminister gegen „die da in Berlin“, mal ließ er sich den Bauch pinseln.

Am zu Beginn des Jahres verabschiedeten Transparenzgesetz, das die Erhebung und Veröffentlichung von Qualitätsdaten aus den Krankenhäusern ermöglichen sollte, brach die On-off-Beziehung dann endgültig entzwei. Und Lauterbach entschied, das Herzstück seiner Reformbemühungen ohne die Länder fertig zu schnüren. In Düsseldorf und andernorts nimmt man ihm das bis heute sehr übel. Das im Oktober im Bundestag beschlossene Gesetz brauchte jedenfalls nicht die Zustimmung der Länder.

Vermittlungsausschuss wäre fatal gewesen

Wohl aber hätten sie es blockieren können, indem sie den Vermittlungsausschuss anrufen. Dann hätte man sich erneut einigen müssen, das Gesetz hätte noch mal in den Bundestag gemusst – mit großer Wahrscheinlichkeit wäre das aufgrund fehlender Mehrheiten das Ende gewesen. Und das wiederum hätte bedeutet: Neuer Versuch einer Reform in einer neuen Regierungskonstellation und mindestens ein Jahr weiter so wie bisher – etwas, was niemand, wirklich niemand im Gesundheitswesen will.

Genau dieses Szenario mag am Ende dazu geführt haben, dass es im Bundesrat keine Mehrheit für den Vermittlungsausschuss gab. Ob diese Reform das Potenzial hat, der jahrzehntelangen Fehlentwicklung und den aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen etwas Substanzielles entgegenzusetzen? Das wird sich tatsächlich erst zeigen. Es gibt viele Unwägbarkeiten.

Aber wenn das kranke Gesundheitssystem darauf hätte warten müssen, dass die perfekte Heilung mit klar kalkulierten Heilungschancen daherkommt, wäre am Ende vielleicht nicht mehr viel zu kurieren gewesen. Die Fortsetzungstaffel der Krankenhausreformserie beginnt am 1. Januar 2025. Vorschlag für den Titel: „Die Heilung?“ – Ausdrücklich mit Fragezeichen.

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Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
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6 Kommentare

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  • jenseits der diskussion über die details. es gibt eine sehr starke korrelation in europa. desto weniger krankenhausbetten pro einwohner umso besser die gesundheitsvorsorge und umso höher die lebenserwartung.

  • Herr Lauterbach ist für mich ein Lichtblick in der Politik. Krankenhausschließungen sind äußerst unbeliebt. Vorallem bei einer der letzten großen Wählergruppe der SPD, den Senioren.



    Was ich alles schon an negativen Kommentaren in den sozialen Medien über diese Reform gelesen habe ist schon nicht ohne.

    Fakt scheint, dass es keine finanziebaren Alternativen gibt.



    1700 Krankenhäuser gleich 1700 Krankenhauschefs, samt Verwaltungen und, und, und. Gleiche Fehlentwicklung wie bei den unzähligen Krankenkassen.



    Jede Menge unnötige Wasserköpfe die die Kosten explodieren lassen.

  • Der Bundesrat ist gestern seiner Verantwortung gerecht geworden und hat noch eine Reihe sinnvoller Verordnungen und Gesetze auf den Weg gebracht. Auch in schwierigen Zeiten funktioniert die Arbeit im Bundestag- und Rat. Das macht mich etwas optimistisch für die Zukunft.

  • Danke für diesen Artikel!



    Viele Wege führen bekanntlich nach Rom.



    Nichts tun ist selten erfolgreich, wenn es Probleme gibt .



    Es liegen 2Jahre Arbeit an diesem Projekt hinter uns.



    Es wäre ein eher parteipolitisch geprägtes Ergebnis gewesen, wenn die Reform gescheitert wäre .



    Während Menschen wie Spahn wegen Unfähigkeit bei Maskendeals in Erinnerung bleiben wird, hat Lauterbach die größte Refirm seit 20 Jahren auf den Weg gebracht.



    ReformerInnen können es nie Allen recht machen, das liegt in der Natur der Sache.



    Die Bundesländer haben sich in der Zeit von ihrer schlechtesten Seite gezeigt, Parteipolitik und Klugscheißerei vor konstruktive Zusammenarbeit gesetzt.



    Das war nicht mehr demokratisch, sondern destruktiv. Eine ähnliche Haltung lähmt die Bildungsreform in Deutschland.



    Leider entsteht hier eher das Bild, der vielen Köche, die den Brei verderben.



    Nicht Selbstdarstellung und Geschrei, sondern der Kompromiss ist die Grundlage der Demokratie.

  • Mutmaßlich besser als das Bestehende, und viele dürften doch erleichtert gewesen sein, dass Lauterbach den Buhmann für Klinikschließungen auf sich nimmt.



    Wir haben noch viel mehr Betten als andere Länder, aber zu wenig und überlastetes Personal und schlechtere Ergebnisse. Statt sich wie Spahn um Villenkauf und Geldanlage zu kümmern, hat Lauterbach vom ersten Tag an durchgearbeitet. Zu wenig delegiert vermutlich und zu offen Recht behalten, aber ich zolle ihm auch etwas Respekt dafür.

    • @Janix:

      genau der punkt. in dem ounkt hat lauterbach gut gearbeitet