: Wahlkampf im Winter
Die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen haben die grünen Wahlkämpfer*innen vor Ort stark gefordert.Nun müssen sie sich gleich in den nächsten Wahlkampf werfen. Dunkelheit und Kälte machen es nicht gerade einfacher
Von Tobias Schulze und Amelie Sittenauer
Schon wieder Wahlkampf: Für die Grünen in der Lausitz ist diese Aussicht bedrückend. „Die vorgezogenen Bundestagswahlen sind für uns ein enormer Kraftakt, den wir kaum allein bewältigen können“, sagt Carolin Poensgen, Geschäftsführerin der Partei im Landkreis Oberspreewald-Lausitz in Süd-Brandenburg, der taz. Die Bundesebene unterstütze den Kreisverband mit Geld und Plakaten, aber personell sei man am Limit. „Wir sind nur wenige Grüne und müssen unsere Kräfte bündeln und uns gegenseitig motivieren“, sagt Poensgen. Plakate werde man nicht in allen Orten im Kreis aufhängen können, auch wenn die Grünen-Basis vor Ort alles daransetze, zumindest an belebten Ecken „unsere Botschaft deutlich zu machen“. Vor allem in Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden die Neuwahlen für die Ehrenamtlichen auch in anderen Parteien eine Herausforderung. Drei Wahlen gab es dort schon in diesem Jahr – Europawahl, Kommunalwahlen und Landtagswahlen. Jetzt steht der vierte Wahlkampf in nicht mal zwölf Monaten an. Kurzfristig müssen Kreisverbände wieder Direktkandidaten finden, Plakate aufhängen und Wahlkampfstände betreiben. Bei den Grünen kommt hinzu, dass sie bei den Wahlen in diesem Jahr eine Niederlage nach der anderen eingefahren haben. Das erschwert jetzt die Motivation der Mitglieder.
Auch wenn das nicht für alle Regionen gilt. In Märkisch-Oderland im östlichen Brandenburg wird gelassener auf die Neuwahlen geblickt. „Die Strukturen in den Kreis- und Landesverbänden stehen, wir haben in den letzten Wahlkämpfen viel Routine gesammelt“, meint Christian Göritz-Vorhof, Sprecher des dortigen Kreisverbands mit seinen 180 Mitgliedern. Beide Kreisverbände befinden sich allerdings im Berliner Speckgürtel, grenzen direkt an die Hauptstadt. Für Ost-Verhältnisse haben die Grünen dort viele Mitglieder und hohe Stimmenanteile.
Die Verhältnisse sind anders als im Kreisverband Oberspreewald-Lausitz, wo die Grünen nur rund 40 Mitglieder haben – oder auch im Wartburgkreis um Eisenach in Thüringen, wo die Partei 74 Mitglieder hat. Ihr bestes Ergebnis in diesem Jahr erreichte sie bei der Kreistagswahl mit 3,1 Prozent. Entsprechend besorgt blickt Kreissprecherin Nele Bär auf den nun erneut anstehenden Wahlkampf im Winter. Hinter dem Verband lägen bereits „extrem fordernde Wahlkämpfe“.
Und offen gezeigter Rechtsextremismus und Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen würden es bereits im Sommer schwer machen, die Mitglieder für den Wahlkampf zu gewinnen. „Jetzt wird es noch mal schwieriger, Leute zu motivieren, sich bei Eiseskälte und Schneeregen an einem Samstag in die Fußgängerzone zu stellen und sich von schlecht gelaunten Passant:innen anreden zu lassen“, meint Bär.
Die scheidende Bundesgeschäftsführerin Emily Büning erkennt an, dass der erneute Wahlkampf für die betroffenen Mitglieder „wirklich hart wird“. Gleichzeitig habe es auch Vorteile, dass es dieses Mal keinen langen Vorlauf gibt: Der Wahlkampf werde „knackig“, Ressourcen könne man in der kürzeren Zeit „sehr effizient einsetzen“. Außerdem verweist sie auf die Unterstützung, die die Bundespartei bereits leistet: Schon nach der Niederlage bei der Europawahl habe der Vorstand zusätzliche Mittel für strukturschwache Kreis- und Landesverbände freigegeben. Nach den Landtagswahlen habe es weitere Gespräche vor allem mit den Grünen in Thüringen und Brandenburg gegeben. In den beiden Ländern war die Partei an der Fünfprozenthürde gescheitert, muss künftig also auf die Ressourcen der Landtagsfraktionen verzichten.
An der Parteibasis gibt es allerdings den Wunsch nach noch mehr Unterstützung. Für den Parteitag am Wochenende hat der Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge einen Antrag unter dem Titel „Grüne Strukturen auf dem Land stärken“ eingereicht. Zum anderen soll die Finanzierung der Basisarbeit umgestellt werden, sodass kleinere Kreisverbände nicht „für immer auf Sondertöpfe und Solifonds angewiesen“ sind, sondern aus regulären Mitteln Personal einstellen können. Unter den Mitgliedern ist die Unterstützung für den Vorschlag groß: Unter mehr als 100 Anträgen wurde dieser in die Top 10 gewählt, über die am Samstagabend tatsächlich debattiert und abgestimmt wird.
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