50 Jahre BR-Sendung „Zündfunk“: Fenster in die Welt
Die Radiosendung „Zündfunk“ im Bayerischen Rundfunk feiert 50-jähriges Jubiläum. In den Münchner Kammerspielen steigt zu diesem Anlass eine Fete.
Dass das Radio eine der bedeutsamsten Technikinnovationen im 20. Jahrhundert war, daran muss erinnert werden im Zeitaler von Google und ChatGPT, besonders, wenn eine täglich um 19.05 Uhr ausgestrahlte Sendung wie der „Zündfunk“ im Bayerischen Rundfunk Jubiläum feiert. Als er 1974 erstmals auf Sendung ging, war Radio längst als Massenmedium etabliert.
Nur für die Jugend, für Pop abseits von Gedudel, für ketzerische Gedanken blieb im BR kaum Platz. Das änderte sich durch die Arbeit von Pionier:Innen wie Ingeborg Schober und Carl-Ludwig Reichert und ihrem auch mal kritisch vorgetragenem Musikjournalismus. Sendungen wie „Pop-Sunday“, „Nachtmix“, oder „Musikgeschäft“ wurden mit einem Wissen vermittelt, das nie besserwisserisch rüberkam, sondern entspannt.
Im strukturkonservativen BR ist und bleibt der Zündfunk eine Insel. In einem Bundesland, das seit fast 70 Jahren von der gleichen Partei regiert wird, ist er dringend benötigtes Korrektiv. In einer Region mit wenigen Großstädten und viel flachem Land wirkt er als Fenster in die große weite Welt.
Auch im Internetzeitalter hat der Zündfunk einen guten Draht zu den Hörer:Innen, wie Redakteurin Ann-Kathrin Mittelstraß schreibt: „Was mich motiviert, sind die vielen positiven Mails, die wir jedes Mal bekommen, auf die Musik, die wir spielen.“ Zündfunk macht eben kein Formatradio, dessen Playlist von Algorithmen erstellt ist, sondern sendet redaktionell von allen Mitarbeiter:Innen gestaltete Charts.
„Candystorm“ für wichtiges Korrektiv
Daraufhin komme es regelmäßig zum „Candystorm“, erklärt Mittelstraß. So wie andere vor ihr wurde sie gezielt gefördert: „Dass hier so tolle Frauen vorm Mikro waren, hat auch mich bestärkt. Hier werde ich gesehen.“
Bisher hat der Zündfunk und sein Autor:Innenradio alle Reformwellen im BR überstanden, auch als Konzertveranstalter hat er inzwischen ein Standing, das über den Freistaat Bayern und den analogen Empfang hinausgeht. Mit Sorge wird jedoch betrachtet, dass Ende 2025 der Umzug der Redaktion nach München-Freimann bevorsteht.
mit Sophia Kennedy u. a., 2. November, „Kammerspiele“ München
Dorthin, wo sich bereits die TV-Studios des BR befinden, sollen die Radioredaktionen folgen, während das alte Funkhaus am Hauptbahnhof aufgelöst wird. In nächster Nähe siedeln sich dort nun Firmenzentralen von Microsoft und Apple an. Was weitreichende Folgen für die Gentrifizierung des Münchner Stadtzentrums haben wird.
Auch im Zeitalter von Google und Chat-GPT sollte man die Bedeutung vom Zündfunk nie vergessen.
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