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Krieg in SudanBerichte über Massaker in Sudan

In Dörfern im Bundesstaat Gezira hat die RSF-Miliz möglicherweise Hunderte Zivilisten getötet. Videoaufnahmen weisen auf ein Massaker hin.

Menschen, die aus den östlichen Gebieten des Bundesstaates al-Jazira vertrieben wurden, treffen am 27. Oktober 2024 in Gedaref ein Foto: afp

Berlin taz | In Sudans zentraler Provinz Gezira südlich der Hauptstadt Khartum hat die aufständische Miliz RSF (Rapid Support Forces) offenbar brutale Massaker verübt. Der sudanesische Ärzteverband Sudan Doctors Network, eine der führenden unabhängigen zivilgesellschaftlichen Organisationen, sprach am Sonntag von 124 Toten bei einem RSF-Überfall auf das Dorf al-Sariha (auch al-Suhra genannt) am Freitag.

Auch in umliegenden Dörfern der Region al-Kamlin habe die RSF in den vergangenen Tagen Angriffe verübt, hieß es in Berichten weiter. Dabei seien medizinische Einrichtungen und Apotheken sowie Märkte und Geschäfte geplündert worden.

Auf X nannten sudanesische Beobachter bis zu 500 Tote in al-Sariha allein und mehrere Tausend insgesamt und sprachen von „Genozid“. Foto- und Videoaufnahmen zeigen Leichen in großer Zahl und gigantische Flüchtlingskolonnen. Die RSF soll auch Zivilisten verschleppt und als Geiseln genommen haben.

Der Bundesstaat Gezira ist die wichtigste Agrarregion Sudans und blieb nach Kriegsbeginn zunächst friedlich. Seine Hauptstadt Wad Madani nahm nach Beginn der Kämpfe zwischen RSF und Sudans Armee in Khartum im April 2023 Hunderttausende Flüchtlinge aus der Hauptstadt auf.

Kämpfe verursachen auch Hungersnot

Im Dezember 2023 eroberte die RSF Geziras Hauptstadt Wad Madani. Die Kämpfe trieben zahllose Menschen in die Flucht und brachten die Landwirtschaft zum Erliegen, was ein Grund für die Hungersnot ist, die sich seit einigen Monaten in Teilen Sudans ausbreitet.

Am vergangenen Sonntag lief der aus Gezira stammende RSF-Kommandeur Abuagla Keikal zur Armee über, woraufhin die Armee Boden in dem Bundesstaat gutmachte und die RSF mit einem Rachefeldzug in Keikals Heimatregion im Osten des Bundesstaates begann. In diesem Kontext kommt es offenbar zu den jetzt gemeldeten Massakern, deren exaktes Ausmaß noch unklar ist.

Clementine Nkweta-Salami, die humanitäre UN-Koordinatorin für Sudan, warf der RSF in einer am Samstag veröffentlichten Erklärung wahllose Angriffe auf Geziras Zivilbevölkerung, Vergewaltigungen, Plünderungen und Brandschatzungen seit dem 20. Oktober vor und verglich in einer Erklärung die RSF-Massaker in Gezira mit denen in Sudans Westregion Darfur im vergangenen Jahr. Die Opferzahlen müssten erst noch festgestellt werden, sagte sie.

Auch im benachbarten Bundesstaat Sennar an der äthiopischen Grenze ist die Armee offenbar gegen die RSF auf dem Vormarsch. Nachdem die Miliz in den vergangenen Monaten bereits aus Teilen der Hauptstadt Khartum vertrieben wurde, deutet sich nun ein Szenario an, in dem die RSF komplett auf ihre Hochburgen in Darfur zurückgeworfen wird und Sudan faktisch zwischen Armee und Miliz zweigeteilt wird. In Gezira, Sennar und den anderen Bundesstaaten am Nil könnte sich jetzt entscheiden, ob dieses Szenario, dem sich die RSF mit allen Mitteln widersetzt, Realität wird.

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2 Kommentare

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  • Hat jemand eine Idee, wie die mordenden Banden im Sudan ohne militärische Gewalt entwaffnet werden können? Ich nicht.

    • @Luftfahrer:

      Wer das könnte, würde es auch bei Putin schaffen.



      Vielleicht sollte die Sahra mal dort Urlaub machen und den Bandenchefs die Welt erklären.