Nachruf auf Alex Salmond: Der Schottland abspalten wollte
Als Parteichef der SNP und Premier machte er die schottische Unabhängigkeitsidee zu einer Bewegung. Jetzt ist Alex Salmond mit 69 Jahren gestorben.
Am Samstag ist Salmond im nordmazedonischen Seebad Ohrid, wo er auf dem Forum des Instituts für Kulturdiplomatie einen Vortrag gehalten hatte, gestorben. Er ist nur 69 Jahre alt geworden. Vermutlich hat er einen Herzinfarkt erlitten, die offizielle Todesursache wird nach einer Obduktion bekannt gegeben. Am Wochenende wurden die Fahnen auf dem schottischen Parlamentsgebäude in Edinburgh auf halbmast gesetzt.
Salmond, der 1973 als Student in die SNP eintrat, wurde an der Eliteuniversität St. Andrews ausgebildet und arbeitete dann für die Royal Bank of Scotland als Ölexperte. Seit 1981 war er mit der 18 Jahre älteren Moira McGlashan verheiratet, die beiden lebten am Ortsrand von Strichen in Aberdeenshire.
1987 gewann Salmond ein Direktmandat für das schottische Parlament. Drei Jahre später wurde er Parteichef. Nach internen Führungskämpfen trat er 2000 ab, doch vier Jahre später holte man ihn zurück, weil sein Nachfolger John Swinney, der inzwischen wieder SNP-Chef ist, selbst im besten Schottenrock wie ein blasser Bürokrat wirkte.
Vom Referendum zum Vorwurf sexueller Belästigung
2007 wurde die SNP stärkste Kraft im schottischen Parlament, Salmond wurde Erster Minister. Vier Jahre später reichte es zur absoluten Mehrheit. Das war Salmonds Chance, ein Referendum für die Unabhängigkeit zu erzwingen. Nachdem der Volksentscheid verloren war, trat er als Parteichef und Premierminister zurück und ließ sich 2015 ins britische Unterhaus wählen.
Salmonds rasanter Abstieg begann zwei Jahre später. Seit November 2017 moderierte er eine Sendung beim russischen Staatssender Russia Today. Seine ehemaligen Parteifreunde warfen ihm vor, sich zum Helfer von Wladimir Putin zu machen. Ein Jahr später beschuldigten ihn Mitarbeiterinnen sexueller Übergriffe. Im März 2020 sprach ihn ein Gericht trotz belastender Indizien frei. Der Fall Salmond ist einer der Hauptgründe dafür, dass Schottland in Vergewaltigungsfällen Verfahren ohne Geschworene anstrebt.
Die anschließende Untersuchung über den Umgang der schottischen Regierung mit den Anschuldigungen der Frauen führte zu einer Spaltung innerhalb der SNP. Nach 45 Jahren Mitgliedschaft, davon 20 als Parteichef, trat Salmond aus der SNP aus und gründete die Partei Alba, der gälische Name für Schottland, doch bei den Wahlen 2021 kam sie nur auf 2,3 Prozent der Stimmen.
Nach seinem Tod ist alles vergeben und vergessen, seine früheren Gegner haben viel Gutes über ihn zu sagen. „Alex Salmond war einer der großen politischen Unruhestifter unserer Zeit, der Vater des modernen schottischen Nationalismus“, sagte ausgerechnet der frühere britische Premier Boris Johnson, ein Alphamännchen wie Salmond. „Er war charismatisch, klug, bissig und furchterregend in Debatten. Ich bin froh, dass es ihm nie gelungen ist, die Union aufzulösen, aber sehr traurig, dass er von uns gegangen ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen