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MietenpolitikDie Mietpreisbremse ist wenig wert bis nutzlos

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Zu hohe Hürden und zu viele Ausnahmen: Die Mietenbremse funktioniert nicht. Die Bundesregierung weiß das alles und tut nichts dagegen.

Großdemo für bezahlbaren Wohnraum in Berlin im Juni 2024 Foto: PM Cheung/AdoraPress

D ass die Mietpreisbremse bis Ende 2028 verlängert wird, ist kein Grund zum Auf­atmen. In der Theorie verhindert die Bremse, dass Mieten bei Neu- und Wiedervermietungen exzessiv steigen können. In der Praxis funktioniert sie aber nicht richtig. Deshalb ist eine Verlängerung ohne Verbesserung nur wenig wert.

Erstens: Die Hürden sind zu hoch. Mie­ter*in­nen, die unzulässige Mieten zahlen, müssen selbst aktiv werden und im Zweifel bereit sein, den oder die Ver­mie­te­r*in zu verklagen. Eine Studie aus München, die mit Stichproben arbeitete, kam zum Ergebnis: Über ein Viertel der Befragten zahlten eine überteuerte Miete. Es bedarf also einer staatlichen Kontrolle.

Doch es gibt keine Bemühungen, dies zu tun. SPD-Bundesbauministerin Klara Geywitz kommentierte das mal lapidar mit: Deutschland sei „kein Babysitter-Nanny-Staat“. Und weil es der Staat nicht macht, gibt es mittlerweile Unternehmen, die Geld damit verdienen, dass sie Mie­te­r*in­nen unterstützen, ihr Recht – nämlich eine legale Miete – einzufordern.

Zweitens: In der Mietpreisbremse stecken zu viele Ausnahmen. Sie gilt zum Beispiel nicht bei umfassenden Modernisierungen oder Neubauten.

Bekannt ist auch – es reicht ein Blick in Immobilienportale –, dass die Mietpreisbremse beim möblierten Wohnen durch Intransparenz regelmäßig umgangen wird. Da der Möblierungsaufschlag gesetzlich nicht ausgewiesen werden muss, ist es für Mie­te­r*in­nen noch schwieriger, die zulässige Miethöhe zu überprüfen.

Bei Kurzzeitvermietungen gilt die Mietpreisbremse grundsätzlich nicht, und es gibt sogar eine vom Bundesjustizministerium beauftragte Studie, die nahelegt, dass Ver­mie­te­r*in­nen strategisch auf Kurzzeitvermietungen umgeschwenkt sind. Die Bundesregierung weiß das alles und tut nichts dagegen – einfach, weil die Vorstellungen im Mietrecht zwischen SPD und Grünen einerseits und FDP andererseits zu weit auseinanderliegen.

Regierungsinterne Spaltung

Der regierungsinterne Streit war so groß, dass zwischenzeitlich unklar war, ob die Mietpreisbremse überhaupt noch einmal verlängert wird. Deswegen ist es auch zweifelhaft, ob die anderen mietrechtlichen Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag noch umgesetzt werden. Das betrifft zum Beispiel eine Maßnahme, die zu schnelle Mietsteigerungen in bestehenden Mietverhältnissen verhindern soll; oder bessere Schonfristregelungen bei Kündigungen, mit denen ein Teil der Zwangsräumungen verhindert werden könnte.

Fakt ist: Die Ampel, allen voran der Kanzler, der bezahlbares Wohnen versprochen hatte, hat die Interessen der mietenden Mehrheit aus dem Blick verloren. Der Bau kriselt, der Mieterschutz bleibt so schlecht, wie er ist. Diese Verlängerung ist nicht mehr als eine Selbstberuhigungspille für die SPD.

Anm. d. Red.: In einer früheren Version stand, dass Vermieter, die vom vorherigen Mieter schon eine zu hohe Miete verlangt hatten, dies auch bei der Fol­ge­mie­te­r*in tun dürfen. Das stimmt so pauschal nicht. Wir bitten um Entschuldigung. Richtig ist: In manchen Fällen gibt es einen Bestandsschutz einer überhöhten Vormiete. Lag die Miete über der ortsüblichen Vergleichsmiete, bevor die Mietpreisbremse eingeführt wurde, dann kann der Vermieter bei einer Wiedervermietung auch eine Miete verlangen, die oberhalb der Mietpreisbremse gilt.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Die Mietpreisbremse funktioniert nur nicht, sie ist eine der Ursachen für den Rückgang der Bautätigkeit. Wenn Kosten steigen (Zinsen, Baukosten), müssen diese erwirtschaftet werden. Das geht heute nur, in dem die Mieten hochgezogen werden. Der Hauptkostentreiber sind jedoch die energetischen und sonstigen gesetzlichen Anforderungen. Erst, wenn eine Kategorie geschaffen wird, die Bauen kostengünstiger macht, werden die Erwartungen an die Mieten nach unten gehen.

    • @Lucas100:

      Die ausschließlich einseitige Betrachtung eines Problems führt geradezu in Ungerechtigkeiten. Wenn Wohnungsgesellschaften über hunderttausende von Wohnungen verfügen, dann ist das eine rein profitorientierte Industrie. Die Mieter*innen haben dem nicht viel entgegenzusetzen. Sie haben aber ein Intersse daran -wie die gesamte Bevölkerung- dass klimaschädliche Aktivitäten unterbleiben, ergo: darauf darf man nicht so einfach verzichten, nur damit mehr Profit entsteht. Das gilt genauso für andere gesetzliche Auflagen, etwa Sicherheit, Parkplätze etc. Und keiner kann behaupten, dass die Wohnungsgesellschaften knapp vor der Pleite stehen. Viele Mieter*innen aber schon.... GESAMTVERANTWORTUNG ist das Zauberwort....

  • Die Mietpreisbremse ist vor allem keine Mietpreisbremse. Sie war dazu gedacht, nur in bestimmte Regionen, in denen die Miete ohnehin schon irrwitzig unbezahlbar hoch ist, eine weitere Steigerung bei Neubezg auf 10% über dem Mietspiegel (!!!) zu begrenzen. Der Mietspiegel ist in diesen Regionen sowieso zu hoch und 10% liegt über quasi jeder Inflationsrate (an die man die Steigerung übrigens alternativ hätte anlehnen können).

    Das Dinges "Mietpreisbremse" zu nennen ist, als würde man Stinktierduft als Parfüm handeln.

  • "In der Mietpreisbremse stecken zu viele Ausnahmen. Sie gilt zum Beispiel nicht bei umfassenden Modernisierungen oder Neubauten."

    Ein schwerer Fehler den es zu beheben gilt. Laut Geruechten wird ja vereinzelt immer noch gebaut und modernisiert.

  • Ein Thema, das die SPD richtig in die Grütze gefahren hat in dieser Legislaturperiode. Der Markt wird es wie immer nicht lösen, der Staat muss eingreifen, zum einen indem er selbst massiv selbst baut, zum anderen muss der Mietanstieg gesetzlich gebremst werden.



    Leider macht die Vermieterlobby offenbar einen exzellenten Job und dei SPD ist nicht in der Lage, die Interessen der Mieter zu vertreten.

    • @Bambus05:

      Bambus,



      in den großen Städten - darunter vor allem Berlin - hat der "Staat" bzw. die Stadtverwaltung die Wohnmisere erst begründet, in dem sie ihr Tafelsilber - die Wohnungen in städtischen Eigentum - aus reiner Gier zu Schandpreisen verkauft hat. Die Gier war beseelt von der Vorstellung den "Bedürftigen" von dem Erlös ihre Wünsche erfüllen zu können, um bei der nächsten Wahl wiedergewählt zu werden. Machterhalt, das ist alles worum es letztlich ging und geht. Und das die SPD fein mitgespielt.

      • @Lucas100:

        Absolut richtig, war ein kolossaler Fehler, auch dass Gesellschaften in staatlicher Hand im Luxuswohnbereich mitmischen, hochpreisige Miet- und Eigentumswohnungen anbieten. Wie man es besser macht zeigt die Stadt Wien, dort ist ein großer Teil der Wohnungen in staatlicher Hand. Luxuswohnungen kann der Markt anbieten, der Staat muss bezahlbaren Wohnraum für alle bewirken.

  • Die Pseudopartei FDP hat keinerlei Interesse daran, einkommensschwache Haushalten auch nur ein wenig zu unterstützen. Das ist nicht das Klientel dieser Lobbytruppe, zudem sind es oft Nichtwähler. Gesamtverantwortung kennt die FDP nicht, nur und ausschließlich eigene Interessen und die der eigenen -meist wohlhabenden - Wählerschaft.

  • Ganz genau...

  • "Die absurdeste Ausnahme ist aber, dass Vermieter, die vom vorherigen Mieter schon eine zu hohe Miete verlangt hatten, dies auch bei der Fol­ge­mie­te­r*in tun dürfen. Das ist eine Logik, die Betrug belohnt. Und dabei bleibt es leider."

    Leider Falsch : BGH, Urteil vom 19.07.2023 - VIII ZR 229/22

    b) Geschuldete Vormiete im Sinne von § 556e Abs. 1 BGB ist bei einem



    Vormietverhältnis, das ebenfalls bereits den Regelungen über die Miethöhe



    bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten



    (§§ 556d ff. BGB) unterlag, die Miete, die nach diesen Vorschriften zulässig



    gewesen ist. War die ursprünglich vereinbarte Vormiete demnach unzulässig



    überhöht, ist als geschuldete Vormiete die gemäß § 556g Abs. 1 Satz 1 und



    2 BGB auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen.