Prinzenbad im Oktober: Pudelmütze unter der Badekappe

Als letztes Sommerbad hat das Prinzenbad in Kreuzberg noch den ganzen Monat geöffnet. Der Besuch ist was für Hartgesottene – oder Bekloppte.

Ein Mann mit Hühnermütze beim Eisbaden mit einem riesen Eiszapfen in der Hand

Spaß im Sommerbad Kreuberg Foto: dpa

Berlin taz | Das sind doch nur Beklopppte, die sich das freiwillig antun“, sage ich, auch nach der warmen Dusche noch fröstelnd, zum Mitarbeiter an der Kasse des Prinzenbades. Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen bestätigt er mich. Mehr als ein paar Hartgesottene und solche, die, wie ich, ihre Dauerkarte noch nicht abgeschwommen haben, würden sich jetzt nicht mehr zum Schwimmen in das eiskalte Becken wagen. Wirkliche Profis sagt er, kämen im Neoprenanzug oder „haben eine Pudelmütze unter der Badekappe“. Auf Nachfrage zeigt sich: Das ist ernst gemeint.

Eine halbe Stunde vorher stand ich noch frohgemut an der Kasse. Die Entscheidung für einen Freibadbesuch im Oktober war spontan gefallen, nachdem mich am Morgen die Sonne aus dem Schlaf geholt hatte. Der wolkenlose Himmel weckte Sommergefühle. Und außerdem: Ich hatte mir doch eh vorgenommen, öfter mal kalt zu duschen, um besser gewappnet durch die Erkältungssaison zu kommen. Zwar war der kühle Wind, der mir auf dem Fahrrad auf dem Weg nach Kreuzberg entgegenblies, nicht gerade sommerlich, trotzdem stand ich kurz darauf eher arglos am Einlass des nicht mehr durch Security-Mitarbeiter bewachten Bades und fragte: „Ist’s kalt?“

Die Antwort: 15,3 Grad Celsius; geheizt werde das eine noch geöffnete Becken nicht mehr. In jenem Moment wusste ich noch nicht, dass auch die Ostsee in Warnemünde derzeit nur ein Grad weniger misst. Also rein ins Vergnügen, raus aus den Sachen. Na gut, die Duschen am Beckenrand waren schon den ganzen Sommer über eiskalt, aber im Wasser würde es schon gehen. Nach dem Sprung ins Wasser dann der Schock, immerhin blieb der direkt vermutete Herzstillstand aus. Am Ende der ersten Bahn brannte der ganze Körper, doch die Pause am Beckenrand machte es auch nicht besser. Ich schwamm weiter, nach der nächsten Bahn setzte schon so etwas wie Gewöhnung ein; vielleicht weil ich nichts mehr spürte.

Das gewöhnliche Ziel von 20 Bahnen hatte ich in dem Moment schon aufgegeben, nun ging es nur noch um jede einzelne Bahn. Nach insgesamt fünf stieg ich erleichtert aus dem Wasser und wusste aber nicht, ob ich nun Märtyrer, Weichei oder einfach nur bekloppt bin. Die fünf, sechs anderen Be­su­che­r:in­nen stellten sich wohl die gleiche Frage. Beim Gespräch unter der Dusche jedenfalls sagte ein anderer: „Wir haben überlebt.“ Motivation genug eigentlich, um auch die restlichen drei Eintritte meiner 20er-Karte nicht verfallen zu lassen. Das Prinzenbad hat noch den ganzen Monat geöffnet.

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