Deutsche Post verstößt gegen Vorgaben: Zu wenig Postfilialen auf dem Land
Wo ist die nächste Postfiliale? Einer staatlichen Regel zufolge darf sie nicht allzu weit weg sein. Doch an 141 Orten verstößt die Post dagegen.
Bonn dpa | Die Deutsche Post hat noch immer weniger Filialen auf dem Land, als sie haben müsste. Im Juli habe es 141 sogenannte unbesetzte Pflichtstandorte gegeben und damit 16 mehr als im Februar, teilte die Bundesnetzagentur auf dpa-Anfrage mit. Einer gesetzlichen Regel zufolge muss die Post in Gemeinden, die mehr als 2.000 Einwohner haben, mindestens eine Filiale haben. In Gemeinden mit mehr als 4.000 Einwohnern darf die Entfernung zur Filiale in zusammenhängenden Wohngebieten nicht mehr als zwei Kilometer betragen.
Mit knapp 13.000 Postfilialen – meistens Kioske und andere Einzelhändler mit Post-Schalter – ist der Bonner Konzern bundesweit zwar stark vertreten, eine staatliche Pflicht von insgesamt 12.000 Filialen wird übertroffen. Aber auf dem Land und am Stadtrand hält die Post besagte Entfernungsregeln nicht immer ein.
Im Oktober 2023 waren es den Angaben zufolge nur 73 unbesetzte Pflichtstandorte und damit nur circa halb so viele wie im Juli dieses Jahres. Allerdings ist kein Trend auszumachen, der Wert schwankt vielmehr seit langem – im Januar 2023 waren es mit 174 mehr als zuletzt.
Grund für die Schwierigkeiten des Logistikers ist der Strukturwandel auf dem Land: Wenn in einem Dorf der letzte Supermarkt oder Krämerladen dichtmacht und kein anderer Einzelhändler mehr als Partner bereitsteht, bleibt der Filialstandort unbesetzt. Manchmal dauert es dann auch einfach etwas, bis sich doch noch ein Partner findet.
Automaten werden wichtiger
Ein Post-Sprecher wies darauf hin, dass die Einrichtung von Filialen „insbesondere in ländlichen Gebieten mit wenig ausgeprägter Einzelhandels-Infrastruktur sehr herausfordernd ist und wir immer wieder mit Geschäftsaufgaben von Filialpartnern rechnen müssen“. Es sei daher nicht ungewöhnlich, dass die Zahl der Vakanzen gestiegen sei. „Wir werden auch weiterhin mit Hochdruck und im engen Dialog mit den Bürgermeistern in den betreffenden Kommunen daran arbeiten, an allen ‚Pflichtstandorten‘ präsent zu sein“, so der Sprecher des Post-Konzerns DHL, dessen nationales Briefgeschäft unter Deutsche Post firmiert.
Das Problem dürfte im nächsten Jahr entschärft werden. Denn zum Jahreswechsel greifen neue Regeln des Postgesetzes, das unlängst novelliert worden war. Dann werden unter bestimmten Umständen auch sogenannte Poststationen bei der Erfüllung der Pflichtvorgabe angerechnet, bislang ist das nicht der Fall. An Poststationen können Briefmarken gekauft, Pakete frankiert sowie Briefe und Pakete abgegeben werden, außerdem gibt es eine Videoberatung. Ein Vorteil: Die Automaten sind rund um die Uhr verfügbar, bei Postfilialen müssen sich die Kunden hingegen an die Öffnungszeiten halten.
Von den 141 unbesetzten Pflichtstandorten im Juli hatten 27 Standorte einen Automaten – dort war es also durchaus möglich, postalische Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Das zeigt, dass der Wert im kommenden Jahr vermutlich sinken wird. Allerdings muss sich die Post hierbei mit Kommunalvertretern abstimmen, und sie braucht bei der Anrechnung eines Automaten auf die Filialpflicht die Zustimmung der Bundesnetzagentur. Es wäre eine Überraschung, wenn die Behörde sich bei dem Thema querstellt: Dessen Chef Klaus Müller hatte sich unlängst grundsätzlich positiv über die Automaten geäußert.
Leser*innenkommentare
Werner2
Was ist mit der Grundversorgung "Telefon" ?
Wenn einem das eigene Handy kaputt geht, ist man inzwischen vollkommen aufgeschmissen, weil alle Telefonzellen dichtgemacht wurden !
Der dreckich Katz
Aus einem Dorf, das genau zu den im Artikel genannten Kriterien passt: Die Post findet keinen Partner, weil beispielsweise der letzte verbleibende Laden vor Ort schließt.
Ich will da aber auch nicht quengeln. Wenn sidch ein ganzes Dorf damit begnügt, sämtliche Einkäufe außerhalb zu erledigen, darf's auch für die Briefmarke in den nächsten Ort gehen. Schön, eine Post vor Ort zu haben, aber es gibt in meinen Augen wichtigeres.
Werner2
Und was ist mit der Grundversorgung von Telefonzellen?
Ruediger
Es werden immer weniger Briefe verschickt und Briefmarken kann man online bekommen. Postfilialen braucht man eigentlich nur noch, um DHL- Pakete abzugeben oder abzuholen, dafür reicht aber auch eine Packstation. Vielleicht sollten wir uns über sinnvollere, moderner, digitalere und für alle kostengünstigere Lösungen Gedanken machen, als in jedem abgelegenen Mini-Kaff eine Postagentur zu fordern.
Vollgut2000
Die Post gehört zur Grundversorgung und ist, wie die Bahn, ein Subventionsgeschäft. Als Aktiengesellschaft allerdings sollen Divideneden ausgeschüttet werden, die an anderer Stelle eingespart werden müssen (von erwirtschaften, also Überschüssen kann dabei keine Rede sein). Das Partnersystem lagert das unternehmerische Risiko aus und tritt die Verantwortung für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages an unterbezahlte Selbständige ab. Im besten Falle ist das für diese ein Nullsummengeschäft, das an 6 Tagen in 52 des Jahres bereit steht.
Horst Schlichter
"Doch an 141 Orten verstößt die Post dagegen."
Da helfen nur drastische Geldstrafen und zwar im Vorstandsbereich. Aber das geht natürlich bei unserem tollen Rechtssystem nicht. Es wird immer die Schwächsten im System am härtesten treffen!
Dr. Enseleit Jürgen
Sieht es in so manchen Städten wesentlich besser aus?
Farang
"Das Problem dürfte im nächsten Jahr entschärft werden. Denn zum Jahreswechsel greifen neue Regeln des Postgesetzes, das unlängst novelliert worden war. Dann werden unter bestimmten Umständen auch sogenannte Poststationen bei der Erfüllung der Pflichtvorgabe angerechnet, bislang ist das nicht der Fall."
😂😂😂 Das ist irgendwie die Herangehensweise in ALLEM seit geraumer Zeit - kann die Norm nicht erfüllt werden wird die Latte einfach tiefergelegt, statt die Anstrengungen zur Zielerfüllung zu verstärken.
Das ist Fortschritt 🫣
Herma Huhn
@Farang Nunja, wenn dafür dann Poststationen aufgestellt werden, ist doch eigentlich allen geholfen.
Diese Automaten sind so aufgebaut, dass auch Menschen mit Rollstuhl oder Lese-Einschränkung verschiedenster Art sie benutzen können.
Es gibt Briefmarken, man kann Pakete und Päckchen aufgeben und laut Artikel kann man auch jemanden anrufen, der einem den Automaten erklärt, wenn was unklar ist.
Was kann ein Kiosk-Betreiber mit Postanbindung mehr?
Bolzkopf
Wenn der Konzern Strafen dafür bezahlen müsste (er bekommt ja wegen der Pflichtleistungen Steuervorteile!) würde sich das Problem schnell lösen denn dann würde der Konzern den "Partnern" mehr Geld bezahlen um Strafen zu vermeiden.
Denn warum finden sich gerade auf dem Land so wenig "Partner" ?
Weil die Post unterirdisch schlecht bezahlt - mit dem (falschen) Argument Postpartner zu sein wäre ein Wettbewerbsvorteil.
Wettbewerb gibt es ja auf dem Land so gut wie nicht und der Postkram macht Hölle viel Arbeit - und das für einen Hungerlohn.
Das muss man mal beleuchten !
fly
@Bolzkopf Gerne dürften die Versender zur Kasse gebeten werden. Denn die Arbeit in den Postpatnerstellen besteht hauptsächlich darin, nicht zugestellte Pakete auszugeben und Rücksendungen entgegen zu nehmen.
Und natürlich maulende Kunden zu ertragen, die sich über die nicht-Zustellung beschweren, Ausweis nicht dabei haben, das Rücksendeformular nicht lesen können, über die Öffnungszeiten mokieren etc.