Netflix-Serie „Ein neuer Sommer“: Die Probleme der Superreichen

Ein Mord im Milieu der Millionär_innen – wieder einmal. Vieles aus der Serie kommt einem nur allzu bekannt vor, doch sie überzeugt trotzdem.

Mutter Greer (Nicole Kidman) versucht die Familie zusammenzuhalten Foto: Netflix

Es gibt Geschichten, die lassen sich immer wieder erzählen: dramatische Liebesstorys oder klassische Whodunit-Krimis. Denn es benötigt nur einen kleinen Kniff oder eine minimale Wendung, um mit einem altbekannten Muster eine ganz neue Geschichte zu erzählen. Doch manche Stoffe ähneln ihren Vorgängern so stark, dass man als Zuschauer_in das Gefühl bekommt: Das kenne ich doch schon. Das ist auch bei der neuen Netflix-Serie „The Perfect Couple“ (auf Deutsch wenig passend: „Ein neuer Sommer“) der Fall.

Der Krimi beginnt mit einer ausgelassenen Party zwischen prächtigen Villen. Die Gäste trinken Champagner und essen Austern, der Himmel ist wolkenlos und im Hintergrund springen Wale im glitzernden Meer. Es ist das Rehearsal Dinner, also der Abend bevor Amelia (Eve Hewson) ihren Verlobten Benji (Billy Howle) und damit in eine der reichsten Familien von Nantucket, Massachusetts einheiraten möchte. Doch die Hochzeit wird niemals stattfinden, denn am Morgen nach der Party taucht eine Leiche am Strand auf.

Ohne dass die Zuschauer_innen wissen, wer überhaupt gestorben ist, beginnen die polizeilichen Ermittlungen. Deren Verhöre werden mit Rückblenden gegen geschnitten, eine klassische Erzählform für eine Murder-Mystery-Serie. Klassisch ist auch, dass die wirklich großen Erkenntnisse hier nicht durch die Ermittlungen aufgedeckt werden, sondern wie zufällig ans Tageslicht kommen. Welcher Bruder mit Pillen dealt, wer mit wem eine Affäre und wer ein Alkoholproblem hat oder wer außer der Schwägerin Abby (Dakota Fanning) noch schwanger ist. Und noch interessanter: von wem.

Die Vorbilder schimmern durch

Obwohl in Deutschland viele die Buchvorlage von Elin Hilderbrand nicht kennen dürften, kommt einem in der sechsteiligen Serie von Susanne Bier vieles bekannt vor. Kein Wunder, schließlich ist das Eintauchen in die Welt der Superreichen mit all ihren moralischen Verfehlungen und Verbrechen in den vergangenen Jahren ein beliebtes Thema in der Film- und Fernsehwelt gewesen. Filme wie „Triangle of Sadness“ oder „Glass Onion“, aber auch Serien wie „Succession“, „Big Little Lies“ oder „White Lotus“ haben das erfolgreich dargestellt.

All diese Vorbilder schimmern nun in „Ein neuer Sommer“ durch. Kundige Zuschauer_innen erkennen vielleicht sogar Teile des Mobiliars und Setdesigns wieder, das von „Succession“ übernommen wurde. Neben diversen inhaltlichen Ähnlichkeiten gibt es auch einige Überschneidungen im Cast, wie Meghann Fahy (hier als Brautjungfer von Amelia) und Nicole Kidman (hier als Mutter des Bräutigam).

Doch nicht einmal die Fülle an Ähnlichkeiten können dem Sechsteiler die Spannung nehmen. Jede Episode birgt so viele überraschende Wendungen, dass es bis kurz vor Schluss eigentlich unmöglich ist zu erraten, wer der oder die Mörder_in ist. Nur dass hier einige Menschen ganz schön verdächtig sind, ist schnell klar.

Mehr Trend als Kapitalismuskritik

Wie auch „Succession“ und Co arbeitet auch „Ein neuer Sommer“ mit Übertreibungen und Zuspitzungen. In der Handlung, aber auch in den Charakterzeichnungen, die meisten Figuren bekommen einen satirischen Anstrich. Wie Familienvater Tag (Liev Schreiber), der arbeitslos ist und seine Zeit damit verbringt, mit einem Golfschläger Bälle auf Möwen im Meer zu schlagen. Oder Nicole Kidman als Familienmutter und Star-Autorin Greed, die mal nicht die traumatisierte Frau, sondern die Matriarchin spielt, der kein Mittel und Weg zu viel ist, um dem Bild der „perfekten Familie“ zu entsprechen.

Ob sich hinter diesen Zuspitzungen nun Kapitalismuskritik versteckt, ist wenig glaubhaft. Vielmehr springt „Ein neuer Sommer“ auf den Trend auf, den Zuschauer_innen wenigstens für einen kurzen Moment das Leben aus den Augen von Millionär_innen zu gewähren. Denn auch wenn die Figuren alle ganz schön viele Probleme haben, ist hier Leben trotz allem schön anzusehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben