Ehrenämter an Schulen: Schluss mit der Drückebergerei!
Neues Schuljahr, neue Elternvertreter:innen. Unser Autor findet deren Wahl den unangenehmsten Moment des ganzen Schuljahres – weil sich so viele drücken.
E ine Warnung vorweg: Dieser Text kann Spuren von staatsbürgerlich motiviertem Pflichtbewusstsein und Gutmenschentum enthalten und insofern ein bisschen langweilig sein. Aber was gesagt werden muss, muss gesagt werden, und jetzt ist genau die richtige Zeit dafür.
Die Sommerferien sind nämlich vorbei, ein neues Schuljahr hat begonnen, und so finden wieder Elternabende statt, bei denen allerlei besprochen wird. Welche Klassenarbeiten wann? Wohin auf Klassenfahrt? Entfernen Lehrer Zecken oder nicht? Vorher aber steht die Wahl der Elternvertreter an.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Ja, ja, jetzt ducken sich die ersten schon weg, kritzeln irgendwas in ihre Unterlagen, kriegen einen Hustenanfall, rennen zum Klo. Der unangenehmste Moment eines jeden Schuljahres, und wenn sie ihn hinter sich gebracht haben, ohne ein Amt übernommen zu haben, stehen sie feixend herum und freuen sich. Hihi, wieder geschafft und so lange cool geblieben, bis andere Dummies sich zur Wahl gestellt haben, hoho. Die ganz Cleveren haben sich als Protokollanten oder Wahlleiter gemeldet, weil sie dann nicht zur Wahl stehen dürfen. Das ist immerhin eine etwas elegantere Art, sich an etwas nicht zu beteiligen.
Da haben sie aber Glück, dass es auch Menschen wie mich gibt. Ich finde es wichtig, dass Eltern am Schulgeschehen teilhaben, mir macht es sogar Spaß. Die Verweigerer hingegen nerven mich immens. Mich nervt, dass sie die Errungenschaft Elternbeteiligung an Schulen nicht wahrnehmen oder gar verlachen. Mich nervt, dass die Eltern, die sich zur Wahl stellen – es sind immer die gleichen und nie zu viele –, nicht selten als übertrieben engagiert gelten („Ach, die wieder, war ja klar“).
Was ist denn so doof daran, dass Elternvertreter Transparenz gewährleisten und somit Lehrkräfte nicht einfach irgendwas im Hinterzimmer machen können? Ist es nicht wichtig, dass es in Konfliktfällen zwischen Eltern und Lehrern gewählte Eltern gibt, die vermitteln und eine ungute Stimmung gegenüber den Klassenlehrern aus einer institutionell verankerten Position heraus kanalisieren können? Ist es nicht nett, wenn ein paar Eltern mitdenken, mit anpacken, ansprechbar sind, auch für die, denen das deutsche Schulsystem vielleicht nicht so vertraut ist?
Ich bin seit Jahren Elternvertreter – ich dränge mich nie auf, ich warte immer, ob sich jemand meldet, aber das passiert nie, also melde ich mich –, und ich habe schon öfter Situationen erlebt, in denen es gut war, dass es Elternvertreter gibt und die Lehrer nicht alles allein und ohne Blick von außen machen müssen.
Jaaa, sagen sie jetzt, die Wegducker, aber die Zeit! Auch das nervt mich, weil es so viel Zeit nicht ist. Es ist sogar interessant, einen tieferen Einblick in die Schule als Institution zu bekommen. Wie dort gearbeitet wird, welchen Zwängen sie unterliegt. Nicht so schlecht, dann und wann zarte Impulse geben zu können, was unter Umständen mal anders gemacht werden könnte und dann wird es sogar anders gemacht. So funktioniert Mitbestimmung.
Angeblich keine Zeit
Nun noch etwas Eigenempirie: Die, die sich besonders engagiert wegducken, sind oft die, die sich wegen jeder Kleinigkeit gerne an die Elternvertreter wenden („Herr XY gibt immer so schwere Hausaufgaben auf, kannst du das mal ansprechen?“). Warum übernehmen sie das Amt nicht selbst?
Die, die sich wegducken, weil sie angeblich keine Zeit haben, sind oft die, die ihre Kinder überall hinbringen, und die monatelang im Internet nach dem besten Kindersitz/Kinderrad/Dinkelkeks recherchieren, anstatt einfach handelsübliche Sachen zu kaufen. Die Zeit, die sie dafür verschwenden, könnten sie sich auch als Elternvertreter engagieren und würden damit vielen Menschen helfen, anstatt – wenn überhaupt – nur dem eigenen Kind.
Bald ist bei uns der erste Elternabend, ich werde diesmal noch etwas länger warten, ob sich jemand anderes meldet. Aber dann mach ich’s doch wieder. Ich freue mich schon.
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