Bayern München und das Oktoberfest: Wiesn, Maß und Lederhosen
Der Fußballrekordmeister nutzt auch in diesem Jahr das Münchner Volksfest zur PR-Offensive. Los ging es mit den Mannschaftsfotos in Tracht erst 1980.
W enn sich der August dem Ende entgegenneigt, steht der September vor der Tür und damit das Oktoberfest. So will es der Kalender. In München gibt es dann kaum noch ein anderes Thema in den lokalen Medien als das große Volksfest. Die tz sucht das Wiesnmadl 2024, und der Abendzeitung ist zu entnehmen, dass bei den Farben der Dirndl in diesem Jahr „die Palette von rauchigen Blautönen über Purpur- und Rotschattierungen bis hin zu Grünnuancen wie Salbei und Oliv“ reicht. Auch beim FC Bayern München wird in diesen Tagen das voroktoberfestliche Brauchtum gepflegt.
Ende August stand, ganz wie es die Tradition vorschreibt, das Lederhosenshooting auf dem Kalender von Spielern und Betreuern des Teams. Der Fototermin, bei dem die Spieler in der Trachtenausgehuniform des FC Bayern posieren, um damit Werbung für den Bierpartner des Klubs zu machen, ist längst zur Tradition geworden.
Mehrere Tage sorgte das Shooting für Schlagzeilen in der Münchner Presse. Wer prostet da wem mit welchem Blick zu? Warum schaut Alphonso Davis ins Irgendwo? Hat man Kingsley Coman so weit links außen postiert, damit er möglichst gut rausgeschnitten werden kann, falls er den Verein verlässt? Und warum prostet er dem Torwarttrainer Michael Rechner zu, mit dem er doch eigentlich nichts zu tun hat?
Fußballfans, denen ihr Bekenntnis zum Islam offenbar ähnlich wichtig ist wie ihre Liebe zum Sport, gerieten schier außer sich vor Freude darüber, dass Bayerns Neuzugang Sacha Boey kein Bier in der Hand hatte. Sie feiern ihn in den sozialen Medien, als hätte er mit einem Tor die Champions League nach Mekka geholt.
Dabei ist er nicht der erste muslimische Bayer, der ohne ein Bierglas in der Hand zur Brauereiwerbung geschritten ist. Bayerns einstiger Lieblingsfranzose Franck Ribéry hatte ebenfalls darauf verzichtet, ein Weißbierglas in die Kamera zu halten.
Dirndlfasching, doch gar kein Biertrinkzwang
Auch darüber wird intensiv berichtet in den Münchner Medien, und man kann bloß hoffen, dass es dereinst nicht wirklich einer Heldentat gleichkommt, ohne Bier zu einem Fototermin des FC Bayern München zu gehen. Wer das Geschrei von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei seinem Bierzeltauftritt im Gillamoos zu morgendlicher Stunde am Montag verfolgt hat, würde sich jedenfalls nicht wundern, wenn das Vertilgen einer Halben Bier bald schon Teil des Medizinchecks beim FC Bayern würde. „Das ist unser Land“, hatte Söder gesagt, „und unser Land muss von uns geprägt werden.“ Na dann prost!
Noch ist es nicht so weit. Und so wird bald schon ein zünftiges „Die Krüge hoch!“ durch das Festzelt hallen, in dem der FC Bayern seinen traditionellen Oktoberfestbesuch absolviert. Die neue Trachtenkollektion des Klubs darf dann das Licht der Wiesn erblicken, so wie es seit den 1980er Jahren der Fall ist. Vor 1980 war der FC Bayern, so wie ganz München, weitgehend trachtenfrei.
Wer den Lederhosen- und Dirndlfasching, zu dem das Oktoberfest verkommen ist, nicht zu schätzen weiß, wird die Jahre vor 1980 als die gute alte Zeit bezeichnen. Wie groß die Schuld des FC Bayern daran ist, dass sich München von einer herkömmlichen Großstadt zu einem wahren Folkloremoloch, in dem es immer ein wenig nach gegerbtem Leder riecht, zurückentwickelt hat, lässt sich nicht genau bemessen. Dass der Klub seinen Teil dazu beigetragen hat, dürfte indes kaum einer bestreiten.
1980 haben die Spieler zum ersten Mal in der Lederhose den Gewinn der deutschen Meisterschaft auf dem Münchner Rathausbalkon gefeiert. Seitdem gab es trachtenmäßig kein Halten mehr. Beim FC Bayern nicht und auch nicht auf dem Oktoberfest.
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