kunstraum
: Der Fund ist erst der Anfang

Mizi Lee und Horizontaler Gentransfer, „EHT – Event Horizon Telescope“, 2024 Foto: Dani Hasrouni, Kunstraum Kreuzberg/Bethanien

Einkaufstüten von H&M, Gucci oder Kenzo fallen als erstes in der Goldrausch-Ausstellung auf. Auf dem Boden um ein Sideboard gruppiert, werden sie auf dem Möbelstück von niedlichen Plüschtieren, weiteren Tüten und Päckchen mit üppigen Schleifen ergänzt. Das Arrangement von Belia Zanna Geetha Brückner sieht nicht super interessant aus, hat es aber in sich. Denn wie der Titel „Hard to say I’m sorry“ schon sagt, geht es um Entschuldigungsgeschenke, um Wiedergutmachungsversuche. Wie entschuldigt man sich? Wann muss oder kann man vergeben? Was wollen wir heute essen? Solche Probleme des banalen Alltags untersucht Belia Zanna Geetha Brückner in ihren Installationen und kann dabei ebenso komplexe wie gerne übersehene institutionelle oder persönliche Machtverhältnisse offenlegen und analysieren.

Es lohnt sich also, genau hinzuschauen und das gilt auch für die anderen 14 Goldrausch-Positionen, gerade weil hier nur auf einige von ihnen eingegangen werden kann. Das diesjährige Motto des Weiterbildungsprogramm für Künstlerinnen* lautet „I only work with lost and found“. Es geht also um verlorene und wiedergefundene Geschichten, aber auch Materialien, wie im Fall von Isabelle Heske oder Marel Loellmann. Während Heske Stoffreste und Bänder zu großformatigen abstrakten Kompositionen montiert, in denen Stimmungen und Affekte aus Mode, Musik und Popkultur aufscheinen, geht es Loellmann vor allem um die Materialität, auch wenn ihre handgewebten Tonband-Bänder nicht weniger Glamour haben als Heskes „Serenade of Material Girls“ (Stoff mit Goldkette).

Die schiere Komplexität, besser Chaos genannt, herrscht bei Mizi Lee, Gründerin der K-Pop-Punk-Band Horizontaler Gentransfer (HGT) und Gesamtkunstwerkerin wie ihr mit Keyboards, Designersessel, Drumsets, um nur einige herausragende Stücke zu benennen, voll ausgestatteter Raum zeigt. Daneben finden sich witzige und zugleich formal durchdachte Arbeiten – einmal als Video und einmal als Zeichnung – wie „Ich als steigendes Pferd“ nach der Skulptur von Peter Otto Heim. Brigitte Werneburg

I only work with lost and found – Goldrausch 2024. Kunstraum Kreuzberg, bis 3. 11., So.–Mi. 10–20 Uhr, Do.–Sa. 10 bis 22 Uhr, Mariannen­platz 2