Präsident Maduro gräbt sich ein

Ein UN-Expertengremium schließt sich der Kritik am mutmaßlichen Wahlbetrug in Venezuela an. Die Opposition protestiert weiter und trifft auf Repression

Von Katharina Wojczenko, Bogotá

Ein Expertengremium der Vereinten Nationen hat sich der internationalen Kritik an den Präsidentschaftswahlen in Venezuela angeschlossen. Die Wahlen entbehrten „grundlegender Transparenz und Integrität“, heißt es in einer Stellungnahme, die es am Dienstag veröffentlichte.

Nach den Wahlen am 28. Juli hatte der Nationale Wahlrat den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro mit sieben Prozent Vorsprung zum Wahlsieger erklärt – und weigert sich bis heute, Beweise dafür vorzulegen. Die Internetseite des Wahlrats ist weiter offline. Die Opposition hat mittels Wahlprotokollen auf einer eigenen Website belegt, dass ihr Kandidat Edmundo González mehr als doppelt so viele Stimmen wie Maduro errang.

Das vierköpfige Team, das UN-Generalsekretär António Guterres nach Venezuela geschickt hatte, blieb über einen Monat zur Wahlbeobachtung. Es war keine offizielle Wahlbeobachtungsmission und sollte ursprünglich nur UN-intern berichten. Doch am Dienstag brach es sein Schweigen.

Lob gab es nur für die logistische Organisation der Wahlen. Besonders kritisierte das Team den Nationalen Wahlrat, der venezolanische Wahlnormen missachtet und Maduro als Sieger verkündet habe, ohne die Ergebnisse der Wahllokale vorzulegen. Das sei „beispiellos für zeitgenössische demokratische Wahlen“.

Ähnlich wie das UN-Gremium hatte sich schon das Carter Center geäußert, die mit 17 Personen größte der wenigen zugelassenen Wahlbeobachtungsmissionen. Die hatte das Ergebnis des Wahlrats als nicht nachprüfbar bezeichnet und bemängelt, dass die Wahl undemokratisch gewesen sei.

Parlamentspräsident Jorge Rodríguez hatte wenige Stunden vor der Stellungnahme der UN noch eine Gesetzesänderung gefordert – um ausländische Wahlbeobachtung in Venezuela künftig zu verbieten. Dabei hatte er das Carter Center und das UN-Gremium als „Müll“ bezeichnet.

Ebenfalls am Dienstag kritisierte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, die willkürlichen Festnahmen und exzessive Gewalt. „Besonders beunruhigend ist, dass so viele Menschen festgenommen und der Anstiftung zum Hass beschuldigt oder auf Basis von Antiterrorgesetzen angeklagt werden“, sagte Türk.

Nach Regierungsangaben sind seit 29. Juli mehr als 2.400 Menschen festgenommen worden. Darunter fallen laut UN auch willkürliche Festnahmen von Demonstrierenden, Menschenrechler:innen, Jugendlichen, Kindern, Behinderten sowie Wahl­be­ob­ach­te­r:in­nen der Oppositionsparteien. In den meisten Fällen, von denen die UN Kenntnis bekam, dürfen die Festgenommenen weder einen Rechtsbeistand noch ihre Familien sprechen. Maduro hat angekündigt, zwei Hochsicherheitsgefängnisse für Demonstrierende fertigzustellen.

Mindestens 23 Menschen sind seit Beginn der Proteste ums Leben gekommen – die Mehrheit wurde laut UN erschossen. Die Generalstaatsanwaltschaft spricht von 192 Verletzten. Der Internationale Strafgerichtshof verfolgt nach eigenen Angaben die Lage.

In der spanischsprachigen Welt wird Maduros Strategie seit dem Wahlsonntag im Juli mit dem Begriff „entrinchera­mento“ bezeichnet, Verschanzung im Schützengraben, – oder direkt von Angriff gesprochen. Neben der Repression auf der Straße hat die Zensur nochmal zugenommen.

Militär und Polizei stehen weiterhin hinter Maduro und seinem Regime. Zumindest hat deren Führung das verkündet. Aktive und ehemalige Militärs kontrollieren zwar laut Recherchen der Deutschen Welle 12 der 34 Ministerien, dazu 44 Firmen. Die Frage ist allerdings, wie es im Unterbau ausschaut. Laut Schätzungen gibt es in Venezuela 123.000 Militärs. Das Fußvolk bekommt niedrige Löhne und armselige Sozialleistungen. Hinzu kommt die Repression gegen Andersdenkende. Soldaten machen einen Großteil der politischen Gefangenen des Regimes aus. Ihre Haftbedingungen sind besonders brutal.