Krieg in der Ukraine: Brand im AKW Saporischschja

Trotz Feuer im AKW Saporischschja ist die nukleare Sicherheit laut Atomenergie-Behörde nicht gefährdet. Doch das besetzte AKW ist eine Blackbox.

Schwarze Rauchwolken steigen aus dem Kühlturm: Das AKW Saporischschja Foto: Ukrainian Presidential/dpa

KYJIW taz | Im Atomkraftwerk Saporischschja, Europas größtem AKW, ist am Sonntagabend in einem Kühlturm ein Brand ausgebrochen. Fotos zeigen, wie dicke schwarze Rauchwolken aus diesem emporsteigen. Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEA, deren Experten im Kraftwerk stationiert sind, berichtet, dass am Sonntagabend mehrere Explosionen zu hören gewesen seien. Man sei informiert worden, dass offensichtlich eine Drohne einen der beiden Kühltürme getroffen habe, so die IAEA auf ihrem Portal.

Die Atombehörde forderte daraufhin die aktuell russischen Betreiber der Anlage auf, ihren Experten unverzüglich Zutritt zu dem Kühlturm zu gewähren. Das in der südöstlichen Ukraine gelegene Kraftwerk wurde im März 2022 von russischen Besatzungstruppen eingenommen. Bis Redaktionsschluss kamen die russischen Besatzer dieser Bitte offenbar nicht nach.

Laut IAEA-Chef Rafael Grossi gefährde der Brand am Kühlturm zwar aktuell nicht die nukleare Sicherheit, würden doch die Kühltürme nur im laufenden Betrieb benötigt. Derzeit seien alle sechs Reaktoren abgeschaltet. Insgesamt bestehe jedoch bei jedem Feuer auf dem Gelände oder in seiner Nähe die Gefahr, dass das Feuer auch auf sicherheitsrelevante Einrichtungen übergreifen könne.

Der russische Atomkonzern Rosatom, der das AKW seit der Eroberung durch russische Truppen betreibt, macht auf seinem Telegram-Kanal die ukrainischen Streitkräfte für den Brand verantwortlich. Diese hätten das Gelände mit einer Drohne angegriffen. Gleichzeitig stellt er fest, dass keine erhöhte Radioaktivität auf dem Gelände gemessen worden sei.

Fahrlässigkeit als Brandursache

Beim ukrainischen Atomkonzern Energoatom sieht man die Schuld an dem Brand auf der russischen Seite. Die wahrscheinliche Ursache sei die Fahrlässigkeit der russischen Besatzer oder Brandstiftung, so Energoatom auf seinem Telegram-Kanal. Schließlich würden die russischen Truppen auf dem Territorium des Kraftwerks, einschließlich der Kühltürme, militärische Ausrüstung – Waffen, Sprengstoff und Munition – lagern.

In den Werkshallen seien Militärfahrzeuge untergebracht. Dadurch nehme die Brandgefahr zu. Feuer, die noch größer seien als der Brand vom Sonntagabend, könnten durchaus zu einem Atomunfall führen, so Energoatom. Wirklich sicher sei das AKW erst, so Energoatom, wenn man es wieder seinem rechtmäßigen Besitzer, der Ukraine, zurückgebe.

Gegenüber Radio Liberty fragt sich Dmytro Orlow, der gewählte Bürgermeister der neben dem AKW gelegenen Stadt Energodar, wie es überhaupt zu dem Brand habe kommen können. Orlow, der derzeit in der etwa 70 Kilometer vom AKW entfernt liegenden Stadt Saporischschja lebt, schlussfolgert: Die Besatzer hätten wohl brennbare Gegenstände in den Kühlturm verbracht.

Im Gespräch mit der taz ist sich auch Olexi Pasjuk, Direktor der größten ukrainischen Umweltorganisation Ecodia sicher, dass der aktuelle Brand keine Gefahr für die nukleare Sicherheit sei. Aber der Vorfall zeige wieder einmal, dass man seit der Besatzung des AKW im März 2022 durch Russland nicht mehr wisse, was dort geschehe. „Der Brand im Kühlturm verstärkt unsere Befürchtungen, dass da nicht korrekt gearbeitet wird. Jedenfalls ist da etwas passiert, was in einem AKW nicht passieren darf.“

Merkliche Luftverschmutzung

Auch wenn man aktuell keine Atomkatastrophe befürchten müsse, sehe man doch, dass es dort im AKW Probleme gebe, erklärte Pasjuk. Außerdem verursache der Brand eine merkliche Luftverschmutzung und schade so der Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner. „Aber jetzt im Krieg hat man sich fast schon daran gewöhnt, dass es jeden Tag irgendwo brennt, jeden Tag irgendwo die Umwelt zerstört wird.“

Der Chef der Militärverwaltung des ostukrainischen Bezirks Nikopol, Jewhen Jewtuschenko, berichtet auf Telegram, ihm sei bekannt, dass die russischen Streitkräfte eine größere Anzahl Autoreifen im Kühlturm in Brand gesetzt hätten. Offensichtlich habe man die ganze Nacht an der Löschung des Brands gearbeitet. Am Montagmorgen erklärte der Leiter der staatlichen Regionalverwaltung Dnipro, Serhiy Lysak, dass der Brand im Kernkraftwerk Saporischschja gelöscht sei.

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