Cannabis-Legalisierung: Der Kater nach dem Rausch

Bei der diesjährigen Hanfparade in Berlin war der Unmut über die schleppende Umsetzung des Cannabisgesetzes groß.

Legalisierung – aber richtig, lautete das Motto der Hanfparade Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN taz | Die Vorfreude auf die diesjährige Hanfparade, die seit 1997 für die Legalisierung von Cannabis eintritt, war groß. Denn die Demo, die am Samstagnachmittag am Roten Rathaus startete und mit Hunderten Menschen durch Mitte zog, war die erste, bei der legal gekifft werden durfte.

Direkt vor den Augen der Polizei, die zahlreich zugegen war, aber kaum etwas zu tun hatte. Seit dem 1. April ist der Konsum von Cannabis legal und so kreisten nicht nur Joints, einige packten auch riesige Bongs aus, mit denen sich das neue Freiheitsgefühl noch sichtbarer zelebrieren ließ.

Die Teillegalisierung von Cannabis hätte theoretisch das Ende der Hanfparade bedeuten können. 27 Jahre lang ging man für das Recht, in der Öffentlichkeit kiffen zu dürfen auf die Straße – und dieses Ziel wurde erreicht. Aber die Veranstalter aus dem Hanf Museum und dessen Netzwerk von Legalisierungs-Aktivisten wollen sich nicht mit dem zufrieden geben, was Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in das Cannabis-Gesetz geschrieben hat.

„Legalisierung – aber richtig!“ lautete entsprechend das Motto der diesjährigen Parade. „Säule zwo: wo?“, steht auf dem Schild eines Teilnehmers. Gemeint ist das Versprechen, dass nicht nur Cannabis Social Clubs Gras an ihre Mitglieder abgeben dürfen. Sondern dass in Modellregionen zertifizierte Abgabestellen ganz normal Weed an Erwachsene verkaufen dürfen. Doch von Säule zwei hat der Gesundheitsminister schon lange nicht mehr gesprochen. Und eigentlich glaubt kaum noch jemand, dass sie kommen wird.

Angst vor einem Rollback

Denn aktuell gibt es schon beim Aufbau der Cannabis Clubs genug Probleme. In ganz Deutschland klagen sie, dass es ihnen die Bürokratie nicht gerade leicht macht. In Berlin kommt noch dazu, dass sich Senat und Bezirke um die Zuständigkeit für die Genehmigungen streiten, was zur Folge hat, dass die Anträge nicht bearbeitet werden. Und das, obwohl das gesetzlich spätestens bis zum 1. Juli hätte geregelt sein sollen. Cannabis-Aktivisten, aber auch Politiker der Grünen und Linken, glauben, dass die CDU versucht, die Teillegalisierung zu torpedieren.

Steffen Geyer vom Hanf Museum und Veranstaltungsleiter sieht die diesjährige Hanfparade vor allem gegen die „sture Prohibitionsideologie“ der CDU gerichtet. Man wolle gegen eine drohende „Konterrevolution“ aktiv werden, sagt er zur taz. „Wenn Friedrich Merz ankündigt, dass er als nächster Bundeskanzler als erstes das neue Cannabis-Gesetz zurückdrehen möchte, muss man das durchaus ernst nehmen.“

Somit war auf der Hanfparade zwar die Freude über das Erreichte spürbar und auch zu riechen. Die Leute hielten Schilder mit Sprüchen wie „All you need is weed“ oder „Let´s make weed great again“ in die Höhe und tanzten zu Reggae und Dancehall, zu Peter Tosh und Legalisierungshymnen. Aber die Befürchtung, dass nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr die Prohibition zurückkehren könnte, war allgegenwärtig.

Während im Juni auf der Cannabis-Messe „Mary Jane“ noch Aufbruchstimmung herrschte, wirkte es auf der Hanfparade eher so, als sei der ganz große Rausch schon wieder vorüber. Außer, dass legal gekifft werden durfte, unterschied sich die Demo nicht so sehr von den Hanfparaden der vergangenen Jahre und war weiterhin eher politisch als kommerziell.

Was auch an den Veranstaltern liegt. Die haben es nicht so mit der Vorstellung, mit Cannabis das große Geschäft zu machen. Und so waren, anders als auf der „Mary Jane“, auch keine Vertreter halbseidener Cannabis-Clubs und anderer Hanf-Glücksritter zugegen. Auf Infoständen etwa von den Grünen oder der Piratenpartei, ging es stattdessen um Aufklärung und den Nutzen von Cannabis als Medizin.

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