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Juristischer Machtkampf in PakistanImmer neue Klagen gegen Imran Khan

Die Regierung in Pakistan leitet ein Hochverratsverfahren gegen den beliebten Ex-Premier ein – und will jetzt auch noch seine Partei verbieten.

Soll wegen Hochverrats angeklagt werden: Ex-Premier Imran Khan Foto: Akhtar Soomro/reuters

Mumbai taz | Das juristische Tauziehen um den pakistanischen Ex-Premierminister Imran Khan geht trotz einiger Erfolge für ihn weiter. Erst kürzlich hatte das Oberste Gericht seiner Partei PTI zusätzliche Parlamentssitze zugesprochen, womit die Regierungskoalition ihre Zweidrittelmehrheit verlor. Khan und seine Frau wurde zudem in einem Gerichtsverfahren freigesprochen. Demnach urteilte ein Gericht in Islamabad, dass Khans Ehe mit seiner dritten Frau Bushra Bibi legal sei, weil sie die Wartezeit nach einer vorherigen Scheidung eingehalten habe.

Doch danach blieb der 71-Jährige wegen vieler weiterer Gerichtsfälle inhaftiert. Auch legte die Regierung von Khans Rivalen Shehbaz Sharif von der Muslim Liga (PML-N) nach. So verkündete am Montag Informationsminister Atta Tarar auf der Plattform X, dass Khans Gerechtigkeitspartei (PTI) „aufgrund seiner antinationalen Aktivitäten zu verbieten“ sei, um Anarchie in Pakistan zu beenden.

Zudem soll Khan jetzt wegen Hochverrats angeklagt werden. Wolle Pakistan sich vorwärts bewegen, könne dies nicht gleichzeitig mit der Existenz von Khans PTI geschehen, sagte Tarar. Es gäbe glaubwürdige Beweise für ein Verbot, das von der Verfassung gedeckt werde, erklärte der seit März amtierende Minister.

Der Ex-Cricket-Star Khan war im April 2022 durch ein Misstrauensvotum vom Parlament abgesetzt worden. Seit August 2023 ist er inhaftiert, aber weiter sehr beliebt. Für seine An­hän­ge­r:in­nen sind die Klagen gegen den Populisten politisch motiviert und äußerst fadenscheinig. Der Verbotsversuch gegen die PTI diene allein dem Zweck zu verhindern, dass sie die größte Fraktion in der Nationalversammlung stelle.

„Unabhängige“ Abgeordnete dürfen sich zur PTI bekennen

Denn nach der Parlamentswahl im Februar dieses Jahres zeigte sich, dass die größte Gruppe gewählter Abgeordneter Unabhängige waren. Sie stehen der PTI sehr nahe, denn als PTI-Mitglieder durften sie nicht kandidieren. 92 der 266 Abgeordneten waren demnach PTI-nahe „Unabhängige“.

Nun zählte das Gericht sogar 114 Abgeordnete zum PTI-Lager. Das von der Regierung angestrebte PTI-Verbot solle Khans Partei einschüchtern, hieß es. „Dies ist ein unverhohlenes Zeichen von purer Panik“, erklärte PTI-Sprecher Sayed Zulfikar Bukhari.

Die Regierung kenne nur das Mittel der Unterdrückung, statt sich um die wirklichen Probleme des Landes zu kümmern wie steigende Inflation, wirtschaftlicher Kollaps und das Leid einfacher Menschen, so Bukhari.

Die Entscheidung, die PTI zu verbieten, „ist verzweifelt und destruktiv“, kommentierte die Gastforscherin Madiha Afzal am US-Thinktank Brookings. Sie bezweifelte die Zulässigkeit einer Verbotsklage. Was von der Demokratie noch übrig geblieben sei, wollten die Verantwortlichen jetzt mit dem Hammer zerschlagen, sagte sie.

Auch die lokale Nichtregierungsorganisation Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) nannte ein PTI-Verbot verfassungswidrig.

U-Haft für Khan wegen Unruhen 2023

Für Khan beginnt bereits ein neuer Prozess: Ein Anti­terrorgericht in Lahore ordnete seine Untersuchungshaft im Zusammenhang mit Unruhen vom 9. Mai 2023 an. Damals war Khan aufgrund von Korruptionsvorwürfen vor dem Obersten Gerichtshof in Islamabad von Paramilitärs verhaftet worden.

Daraufhin brachen landesweite Proteste seiner Anhänger aus, für die er nun verantwortlich gemacht wird. An den Parlamentswahlen hatte er schon nicht teilnehmen dürfen. Nach der Wahl im Februar kam es erneut zu Protesten Tausender PTI-Anhänger gegen mutmaßliche Manipulationen bei der Stimmabgabe.

Unterdessen erlebt Pakistan wieder vermehrt Angriffe islamistisch-militanter Gruppen. In der nordwestlichen Unruheprovinz Khyber Pakhtunkhwa gab es am Montag 18 Tote bei einem Terroranschlag auf einen Militärkomplex.

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