: „Brutale russische Aggression“
Gegen Rheinmetall-Chef Papperger soll es Anschlagspläne gegeben haben. Er steht wohl schon länger im Visier Russlands
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Von Konrad Litschko
Erst vor einem Monat stand Armin Papperger mit schusssicherer Weste in der Ukraine, neben Oleksandr Kamyschin, dem dortigen Minister für strategische Industrie. Im Westen des Landes baute Pappergers Rüstungskonzern Rheinmetall mit der Ukraine ein gemeinsames Produktions- und Reparaturwerk für Panzer auf, der 61-Jährige reiste zur Eröffnung an. Ein „Herzensanliegen“ seien ihm die Waffenlieferungen an die Ukraine, hatte Papperger zuvor erklärt. Und tatsächlich ist Rheinmetall inzwischen größter Einzellieferant von Rüstung an das Land.
Wohl deshalb steht Papperger schon länger im Visier Russlands – und das laut einem CNN-Bericht mit mörderischer Absicht. Bereits im Frühjahr sollen demnach US-Geheimdienste einen russischen Anschlagsplan auf Papperger aufgedeckt haben. Auch weitere Verantwortliche von Rüstungskonzernen, die die Ukraine unterstützen, stünden im Fokus Russlands. Die Anschlagspläne gegen Papperger aber seien am weitesten fortgeschritten gewesen. Deutsche Sicherheitsbehörden seien darüber informiert worden und hätten Sicherheitsmaßnahmen für Papperger getroffen. Der Sender beruft sich auf fünf Quellen, die mit den Vorgängen vertraut seien.
Deutsche Sicherheitsbehörden und das Innenministerium wollten den Bericht nicht kommentieren. Nach wochentaz-Informationen gingen die Behörden aber tatsächlich dem Verdacht von Anschlagsplänen gegen Papperger nach. Eine akute Gefahr bestand jedoch offenbar nicht. Papperger erhält schon länger Personenschutz.
Laut Spiegel sollen deutsche Sicherheitsbehörden im Mai den Hinweis der US-Dienste auf den russischen Anschlagsplan bekommen haben. Eine Handvoll Verdächtige aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion soll danach ins Visier genommen worden sein. Einige sollen sich in der Nähe der Düsseldorfer Konzernzentrale von Rheinmetall oder an Reisezielen von Papperger im Ausland aufgehalten haben. Zuletzt soll der Anschlagsplan aber nicht mehr weiterverfolgt worden sein. Tatsächlich gab es bis heute keine Festnahmen in dem Fall. Ein ausreichender Tatverdacht ließ sich bisher also nicht nachweisen.
Auch Rheinmetall wollte den CNN-Bericht nicht kommentieren. Zu Fragen der Konzernsicherheit äußere man sich grundsätzlich nicht, erklärte ein Sprecher. „In regelmäßiger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden werden stets die erforderlichen Maßnahmen getroffen.“ Papperger sagte der Financial Times, der Bericht sei nicht aus der Luft gegriffen. Er fühle sich aber sicher.
Die Bundesregierung reagierte alarmiert. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Wir lassen uns von Russland nicht einschüchtern und werden weiter alles tun, um russische Bedrohungen in Deutschland zu unterbinden.“ Die Sicherheitsbehörden seien hier „sehr wachsam“.
Konstantin von Notz (Grüne), Vorsitzender des Kontrollgremiums der Geheimdienste im Bundestag, sagte der wochentaz: „Sollten sich die im Raum stehenden Vorwürfe bewahrheiten, vervollständigt sich das Bild der brutalen russischen Aggression.“ Die Sicherheitsbehörden müssten „jetzt ganz genau und aufmerksam hinschauen, um Anschläge zu verhindern“. Der Kreml dagegen wies den Bericht zurück: Dieser sei „Fake“ und „nicht ernst zu nehmen“.
Rheinmetall lieferte in letzter Zeit Artillerie und eine dreistellige Zahl an Marder-Panzern an die Ukraine. Noch in diesem Jahr sollen Lynx-Schützenpanzer folgen. Papperger, der Rheinmetall seit 2013 führt, reiste wiederholt in die Ukraine und traf dort auch Präsident Wolodymyr Selenskyj. Ihm versprach er eine militärische Ausrüstung, die „allerhöchsten westlichen Standards“ entspreche.
Auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz traf sich der 61-Jährige wiederholt. Im Februar vollzogen beide einen ersten Spatenstich für ein neues Rheinmetall-Werk in Niedersachsen.
Papperger selbst stand zuletzt auch anderweitig im Visier. Im April verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf sein Gartenhaus im niedersächsischen Hermannsburg. Es entstanden Schäden an der Fassade. In einem Bekennerschreiben auf dem linken Onlineportal Indymedia erklärte eine Gruppe namens Switch Off Rheinmetall, die Tat sei Teil eines „Kampfs gegen Krieg, Militär und Rüstungsindustrie“.
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