Das Wasseraussperren

Durch den Klimawandel nehmen extreme Wetterereignisse zu, die Sorge vor dem nächsten Hochwasser ist groß. Doch es gibt Ideen, wie wir uns künftig schützen können

Eine mehr als zwei Kilometer lange Mauer schützt das sächsische Grimma vor Überschwemmungen. 2002 überflutete die Mulde die Altstadt Foto: Jan Woitas/dpa/picture alliance

Von Philipp Brandstädter

Tagelang standen der Pegel der Donau bedrohlich weit oben und Teile Bayerns und Baden-Württembergs unter Wasser. Am ersten Juniwochenende hatte anhaltender Starkregen Städte und Dörfer überflutet, am Bodensee, in Oberschwaben, in Regensburg und Passau. Nun, knapp zwanzig Tage später, ist die Gefahr erst einmal vorüber und Aufräumen angesagt: Keller werden ausgepumpt, Wände getrocknet, betonharter Schlamm von den Straßen und Gehwegen geklopft. Schon wieder hatten sich Bäche in reißende Fluten verwandelt, wurden Hab und Gut fort gerissen, hat das Wasser Leben gefordert. Wenn in diesen Tagen ein Unwetter aufzieht, geraten daher immer mehr Menschen in Sorge. Sie fragen sich: Wie viele Jahrhundertfluten kommen noch?

Spätestens seit der Katastrophe im Ahrtal vor drei Jahren ist klar: Verheerende Fluten werden uns öfter treffen – und das längst nicht nur an den Küsten und entlang großer Flüsse. Denn die Erderwärmung bringt eine simple Nebenwirkung aus der Physik mit sich: Wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen – und niederregnen lassen. Die daraus folgenden Extremwetter häufen sich. Unwetterzellen, die tagelang an einem Ort verharren und Täler, Felder und Flüsse fluten, können sich überall zusammenbrauen. Sobald der Boden dann kein zusätzliches Regenwasser mehr aufnehmen kann, geht es ganz schnell. Das Wasser schießt über die Straßen, auf den versiegelten Flächen bilden sich Ströme, die sich zu einer Flutwelle vereinen. Tritt diese über die Ufer, richtet sie einen großflächigen und verheerenden Schaden an.

Bei einer Katastrophe wie im Ahrtal oder jetzt in Süddeutschland zahlt der Bund für Soforthilfe. Die Gestaltung der Fläche von Stadt und Land ist aber Ländersache. Somit muss sich jedes Bundesland und jede Gemeinde damit beschäftigen, wie sich sinnvoll Hochwasserschutz betreiben lässt. Eine eigene EU-Richtlinie sieht das auch vor. Demnach ist es bindendes Recht, eine erhöhte Vorsorge zu betreiben, um Umwelt, Kulturerbe, Wirtschaft und nicht zuletzt die Menschen besser vor Flutkatastrophen zu schützen. Das europäische Parlament empfiehlt hierzu einen Planungszyklus in Sachen Hochwasserrisikomanagement. Dieser dreht sich vor allem um die Bewältigung des Unvermeidbaren: Katastrophenschutz, Verhaltensvorsorge, Information, Hilfe für Betroffene, Auswertung, Wiederaufbau.

Eine Katastrophe wie im Ahrtal oder ähnlich heftige Fluten wie zuletzt in Süddeutschland lassen sich nicht von Deichen und Mauern aufhalten. Daher arbeiten Fachleute eher daran, die Bevölkerung künftig schneller zu warnen oder gleich zu evakuieren. Ideen, wie man das Wasser von vornherein stoppen könnte, gibt es auch. Laut EU sollen diese Maßnahmen alle paar Jahre neu bewertet und aktualisiert werden. Wie die Vorsorge aber genau aussehen und wie die Fördertöpfe genutzt werden sollen, bleibt den Kommunen überlassen. Deshalb sind auch die Ambitionen für den präventiven Hochwasserschutz regional unterschiedlich. Mancherorts werden Siedlungen noch immer auf Flächen gebaut, die zuvor als Gefahrengebiete ausgewiesen wurden. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, sich an die neue Gefahrenlage anzupassen. Ob Schwammstadt oder Baumkrone: Hier erfahren Sie mehr über die Konzepte, mit denen wir uns künftig vor den Fluten schützen können.