Tiefseebergbau: Norwegen macht Tempo
Schon im ersten Halbjahr 2025 will die Regierung Lizenzen für den Tiefseebergbau vergeben. Nun lässt sie ihr Vorhaben öffentlich diskutieren.
„Die Welt braucht Mineralien für die grüne Transformation, und die Regierung möchte erforschen, ob es möglich ist, auf dem norwegischen Festlandsockel auf nachhaltige Weise Mineralien vom Meeresboden zu gewinnen“, sagte Norwegens Erdöl- und Energieminister Terje Aasland von der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Der Vorschlag liegt nun bis zum 26. September für eine öffentliche Konsultation aus.
Doch ist dieser Plan umstritten. „Dies ist ein völlig unverantwortlicher Schritt der Regierung“, sagt der Chef der Grünen Partei Norwegens, Arild Hermstadt, „alles, was sie in diesem Fall über Umweltbelange gesagt hat, war ein Spiel für die Galerie.“ Jetzt werde der Weg für Bergbauaktivitäten geebnet, die die Fischerei und das Ökosystem in weiten Teilen des Meeres gefährdeten, so Hermstad.
Kritik kommt auch vom Koalitionspartner der Sozialdemokraten: Der Kampf um einen sauberen und reichen Ozean werde in Zukunft von großer Bedeutung sein, sagte der energiepolitische Sprecher der Zentrumspartei, Lars Haltbrekken laut der Norwegischen Nachrichtenagentur NTB. „Anstatt sich mit den Tatsachen auseinanderzusetzen, dass der Abbau von Bodenschätzen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, ignoriert die Regierung die Warnungen ihrer eigenen Umweltexperten völlig“, so Haltbrekken.
Unternehmen besitzen Knowhow
Auch die Umweltorganisation Greenpeace warnt vor dem Tiefseebergbau, vor allem ist sie besorgt über das angeschlagene Tempo. Die norwegische Regierung ignoriere alle Warnungen, sagt die Greenpeace-Meeresexpertin Daniela Herrmann. Wissenschaftler:innen des norwegischen Instituts für Meeresforschung, die norwegische Umweltbehörde und die Vereinten Nationen hätten davor gewarnt, dass Tiefseebergbau den Ökosystemen am Meeresgrund irreversibel schaden könne. „Die Tiefsee der arktischen Gewässer gehört zu den letzten unberührten Lebensräumen der Erde“, so Herrmann, „sie leidet schon jetzt stark unter den Folgen der Klimakrise.“
Nur ein Moratorium könne die Meere vor der Bedrohung des Tiefseebergbaus schützen. Ein solches Moratorium hatte das Europaparlament im Februar von Norwegen gefordert. „Die norwegischen Unternehmen besäßen wegen der langjährigen Öl- und Gasbohrung Erfahrungen mit Unterwassertechnologie“, sagt Herrmann, „sie können sehr schnell mit dem Tiefseebergbau beginnen, sie verfügen über das Knowhow, das Seegebiet ist kartiert.“ Es sei zu befürchten, dass der Bergbau beginne, bevor die Risiken ausreichend klar seien.
Der WWF Norwegen hat deswegen schon im Mai angekündigt, die norwegische Regierung zu verklagen. Der Naturschutzverband ist der Ansicht, dass die strategische Umweltverträglichkeitsprüfung des Energieministeriums, die der Entscheidung der Regierung zugrunde liegt, die gesetzlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt.
Zudem sei der am Mittwoch präsentierte Vorschlag „von fast 400 Blöcken weit entfernt von einem ‚schrittweisen Vorgehen‘, wie es die Regierung versprochen hat“, sagte Karoline Andaur, die Generalsekretärin des WWF in Norwegen. Ungeachtet der Proteste plant Norwegens Regierung, schon im ersten Halbjahr 2025 erste Lizenzen für den Tiefseebergbau zu erteilen.
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