piwik no script img

Gemeinnützige WohnungsbauunternehmenGünstiger bauen, billiger vermieten

1990 wurde sie abgeschafft, nun kommt die Förderung gemeinnütziger Wohnungsunternehmen wieder. Ex­per­t:in­nen hoffen auf erschwinglichere Mieten.

Bundesbauministerin Geywitz will die Gemeinnützigkeit von Wohnungsunternehmen wieder einführen Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Berlin taz | Die Bundesregierung will die Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen wieder einführen. Sie erhalten dann Steuererleichterungen, wenn ihre Miete dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegt. Das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Nach Einschätzung des Bundesbauministeriums könnten rund 100 Körperschaften, Vereine oder Unternehmen und über 100.000 Mie­te­r:in­nen profitieren. Zum Beispiel, indem sie Werkswohnungen für Auszubildende bauen lassen.

Einkommen der Mie­te­r:in­nen dieser Wohnungen dürfen eine bestimmte Grenze nicht überschreiten. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte, die Einkommensgrenzen seien so festgelegt, dass rund 60 Prozent aller Haushalte von der neuen Wohngemeinnützigkeit profitieren könnten. Den An­bie­te­r:in­nen günstigen Wohnraums werden Körperschafts- und Gewerbesteuer erlassen.

Geförderte gemeinnützige Wohnungsunternehmen hatte es in der Bundesrepublik bis 1990 gegeben. Sie trugen maßgeblich zur Schaffung von günstigem Wohnraum in der Nachkriegszeit bei. Wie das Gewerkschaftsunternehmen Neue Heimat (NH), mit rund 500.000 Wohnungen die einst größte nichtstaatliche Wohnungsgesellschaft Europas. Als bundesweit agierendes Unternehmen konnte die NH durch ihre Größe sowie die industrielle Serienfertigung schneller, billiger und besser als Private bauen und so anfänglich moderate Mieten garantieren.

Die NH war weitgehend von Steuern befreit. Dafür musste sie sich auf den Bau von Kleinwohnungen beschränken und durfte eine gewisse Miethöhe nicht überschreiten. Bis 1972, als mit 22.000 die höchste Zahl der jährlich errichteten Wohnungen erreicht wurde, ging dieses Modell auf, das nicht den Profit, sondern die Verbesserung der Lebenssituation breiter Bevölkerungskreise in den Mittelpunkt stellte.

Skandal um die Neue Heimat

Mit der Ölkrise gingen die Aufträge zurück. Neue Siedlungen, Bauten und sogar Ferienanlagen im Ausland kamen dazu. Dabei verkalkulierte sich die NH. Die finanzielle Schieflage wurde 1982 deutlich, als aufflog, dass sich Chef Albert Vietor und weitere Vorstände auf Kosten der NH bereichert hatten. Mit Verweis auf diesen Skandal schaffte die schwarz-gelbe Bundesregierung 1990 die weitgehende Steuerfreiheit für gemeinnützige Wohnungsunternehmen ab, von der bis dahin auch kommunale Wohnungsgesellschaften profitiert hatten.

Das hielten grüne Abgeordnete, die bereits 2020 einen Gesetzentwurf vorlegten, für „eine der größten Fehlentscheidungen der Wohnungspolitik seit 1945“. Auch im aktuellen Gesetz steckt die Überzeugung, dass gemeinnützige Unternehmen günstiger bauen und entsprechend billiger vermieten, wenn sie finanziell entlastet werden. Nach Berechnungen der Linkspartei kann so die Quadratmetermiete bei Neubauten um fast drei Euro gedrückt werden.

Während Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit einen „wirklichen Durchbruch“ nannte, obwohl man nicht alles habe umsetzen können, sprach der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, von einer „Mini-Wohngemeinnützigkeit“.

Wenn es die dringend erforderlichen Investitions-Zulagen nicht gebe, werde die Rechtsänderung nur den Unternehmen nützen, die bereits gemeinnützig seien, sagte er voraus. Das sei bedauerlich, da nach dem Wohngemeinnützigkeitsrecht dauerhaft bezahlbare Wohnungen an den Markt kämen, während Sozialwohnungen nach Ablauf der Sozialbindung teurer würden. Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetz noch zustimmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Man hat ja alles unterhalb des unteren Mittelstands soweit gerupft um nicht zu sagen ausgeweidet dass da nichts mehr zu holen ist.



    Und weil sich gerade diese Wählerschaft stramm nach rechts orientiert will man ein paar Brosamen hinstreuen.

    Hoffentlich geht diese Rechnung auch auf.

  • Wenn die Mieten so gering sind, wie im Artikel beschrieben, dann fehlt es an einer Überschusserzielungsabsicht. In diesem Fall werden die Verluste vom Finanzamt nicht anerkannt und führen so oder so nicht zu einer Körperschaft- und Gewerbesteuer. Das alles sind politische Globoli für Unbedarfte.

    Schön für die, die solche Nachrichten gut können.

    • @DiMa:

      Wer weiß,wer weiß.



      Vllt bekommt der Gesetzgeber das ja in seinem unerfindlichen Ratschluss mit geregelt.

  • Das sind mal gute Nachrichten -Danke!

  • Man muss eben auch billiger bauen wenn das was werden soll. Mein Sohn wohnt in Wien in einem Gemeindebau.



    - Innen nur Rigips-Wände



    - in einer 3-Zi-Wohnung ein Bad, ein Klo, KEINE Gästetoilette, nur Badewanne und keine Dusche, kein Handtuchwärmer oder anderer Schnickschnack



    - Bad nur da gefliest wo auch Wasser hinkommt, nämlich an der Badewanne



    -Laminatboden



    Da gibts ja bei vielen schon einen Aufschrei, wenns kein Gösteklo hat oder nur ne Wanne und keine Dusche, oder wenn man eben innen an den Wänden keine schweren Regale befestigen kann weil Rigips-Wände....