Gläubiger stimmen für Sanierungsplan: Galeria rettet sich erneut
Die Gläubiger machen den Weg frei für die Sanierung des Warenhauskonzerns. Mindestens eine wichtige Frage ist jedoch nach wie vor offen.
Formell steht das Insolvenzverfahren damit vor dem Abschluss. Nach Ende der Einspruchsfrist kann das zuständige Amtsgericht Essen das Verfahren im Juni aufheben. Dann ist der Weg endgültig frei für die Sanierung des Handelsriesen und die Übernahme durch die neuen Eigentümer: Dabei handelt es sich um die US-Investmentgesellschaft NRDC und die Beteiligungsfirma des Unternehmers Bernd Beetz, der bis 2012 Vorstandschef des Kosmetikkonzerns Coty war. Im Juli möchte Denkhaus an sie übergeben.
Die Beschäftigten haben schon jetzt weitgehend Klarheit. Das Zittern nach der dritten Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren hat vorerst ein Ende. Anders als es mancher Handelsexperte vorhergesagt hatte, geht es für Galeria weiter. Dennoch zahlen Unternehmen und Beschäftigte erneut einen großen Preis. Wieder schließen deutschlandweit Filialen, 1.400 Menschen verlieren ihren Job.
Die Gewerkschaft Verdi stellte vor dem Messegebäude für jede Schließfiliale ein symbolisches Holzkreuz auf. „Herr Beetz, investieren Sie in die Mannschaft“, steht auf einem der Plakate. Auf einem anderen heißt es: „Benko, danke für nichts!“ Der Schnitt bei Galeria erfolgt dabei längst nicht so tief wie erwartet. Experten hatten im Januar vorhergesagt, dass allenfalls 20 bis 30 Standorte erhalten bleiben. Viele äußerten Zweifel, dass sich überhaupt ein Interessent finden würde.
Gläubiger verzichten erneut auf viel Geld
An der nicht-öffentlichen Veranstaltung in Essen nahmen am Dienstag rund 120 Personen teil, die rund 4.600 Gläubiger vertreten haben. Sie müssen mit der Annahme des Insolvenzplans wieder auf viel Geld verzichten. In den vergangenen Wochen hatten Vermieter, Lieferanten und andere Gläubiger wie der Bund Forderungen in Höhe von 886,1 Millionen Euro angemeldet. Voraussichtlich fließen nur bis zu 22,5 Millionen Euro – das sind 2,5 bis 3 Prozent – an sie zurück. Zahlungen aus den Ansprüchen gegen den bisherigen Eigentümer, die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko, könnten die Quote noch erhöhen. Weil vom finanziell angeschlagenen Mutterkonzern zugesagte Hilfen ausgeblieben waren, rutschte Galeria zu Jahresbeginn erneut in die Insolvenz.
Mehr Geld zurück erhält der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Der staatliche Stabilisierungsfonds hatte Galeria 2021 und 2022 mit 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Ein Großteil der Ansprüche war im Zuge des 2023 abgeschlossenen Insolvenzverfahrens entfallen. Fortgeführt wurde ein sogenanntes Nachrangdarlehen in Höhe von 88 Millionen Euro. Weil dafür neue Sicherheiten für den Fall eines Zahlungsausfalls vereinbart wurden, verfügt der WSF über „vorrangige Absonderungsrechte“ aus der Insolvenzmasse. Die zuständige Finanzagentur erwartet, dass die Forderungen nun vollständig erfüllt werden. Im Zuge der neuen Insolvenz seien keine weiteren Ausfälle zu erwarten.
Den Grundstein für den Neuanfang hat der Insolvenzverwalter gelegt. Hauptziel von Denkhaus war es, den Konzern mittelständischer aufzustellen. Der Unternehmenssitz in Essen wird aufgegeben. Die Verwaltung soll 2025 – deutlich verschlankt – in eine Filiale in Düsseldorf einziehen. Von 92 Filialen bleiben 76 übrig. Die Mietbelastung sinkt dadurch dem Vernehmen nach um rund 80 Millionen Euro pro Jahr. Auch der Name ändert sich. Die Warenhauskette heißt künftig nur noch Galeria, die großen, traditionsreichen Marken Karstadt und Kaufhof verschwinden. Zu eng verbunden sind diese mit den jüngsten Pleiten, heißt es.
Wichtige Fragen nach wie vor unbeantwortet
Und dennoch sind Zweifel und Unsicherheit auch mit dem Ja der Gläubiger nicht verschwunden. Das liegt auch daran, dass viele wichtige Fragen nach wie vor unbeantwortet sind. Wie gelangt Galeria zurück in die Erfolgsspur? Wie behauptet man sich gegen Handelsriesen wie Amazon und neue Portale wie Shein und Temu? Und wie wird verhindert, dass das Warenhausunternehmen 2025 erneut in Schieflage gerät?
Schönheitsprodukte, Handtaschen, Schuhe und Wäsche sollen die Schwerpunkte im Sortiment sein. Das kündigte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche kürzlich an. Viel mehr ist über den zukünftigen Kurs nicht bekannt. Die neuen Besitzer hielten sich öffentlich bisher bedeckt. Man wolle warten, bis das Verfahren abgeschlossen sei, hieß es. Im Hintergrund mischte Beetz zuletzt jedoch kräftig mit. So setzte er sich für den Verbleib der Galeria-Filiale in Mannheim ein, die auf der Schließliste steht. Beetz ist eng verbunden mit der Stadt, er ist in Mannheim aufgewachsen und Präsident des örtlichen Fußball-Drittligisten SV Waldhof. Noch steht nicht fest, ob dieser Standort und andere wieder von der Streichliste herunter fliegen.
Entscheidend wird sein, was Beetz und die Investmentgesellschaft NRDC um den früheren Kaufhof-Eigentümer Richard Baker und Sohn Jack in die Warenhauskette stecken. Im Insolvenzplan steht, dass sie „umfangreiche finanzielle Mittel“ für Sanierung und Neuausrichtung zugesichert hätten, nicht wie viel. „Die neuen Eigentümer müssen noch zeigen, dass es ihnen ernst ist. Aus dem Insolvenzplan geht das nicht hervor“, sagte der Insolvenzexperte Manfred Hunkemöller.
Bis zu 100 Millionen Euro sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren fließen, das war aus dem Umfeld der Investoren zu vernehmen. Ob das genügt, ist zumindest fraglich. Handelsexperten schätzen den Investitionsbedarf bei Galeria auf über eine Milliarde Euro.
Im Hinblick auf die Zukunft des Warenhausunternehmens ist vieles also weiterhin unklar. Eines steht seit diesem Tag jedoch fest: Galeria erhält noch einmal eine Chance.
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