Kommentar von David Muschenich zum Ergebnis der Thüringer Kommunalwahlen
: Kein AfD-Sieg ist nicht genug

Die Nachricht am späten Abend klang nicht schlecht: Die AfD konnte sich nirgends durchsetzen. Keine AfD-Landrät:innen, keine AfD-Oberbürgermeister:innen im ersten Wahlgang in Thüringen. Aber die Auszählungen am Sonntag gingen in der Nacht weiter – und in den kommunalen Parlamenten bekam die AfD teilweise deutlich mehr als 30 Prozent. Je später die Nacht, desto blauer die Ergebnisse.

Die Zahlen zeigen deutlich: Die jüngsten AfD‑Skandale finden viele Wäh­le­r:in­nen in Thüringen verschmerzbar. Für sie ist es offenbar okay, wenn Parteifunktionäre SA-Parolen normalisieren oder SS-Verbrecher verharmlosen. Oder mit Spionage- oder Schmiergeldvorwürfen konfrontiert sind.

Woran liegt das? Finden die Wäh­le­r:in­nen einfach Nazis gut? Ein Teil sicherlich. Verfängt das Narrativ der AfD, als einzig wahre Opposition eine große Verschwörung verhindern zu wollen, weil die Wäh­le­r:in­nen leichtgläubig sind?

Nicht unbedingt. Es ist wichtig, in einer Demokratie Oppositionsrechte zu verteidigen und im Zweifel schnell hellhörig zu werden. Allerdings ist die AfD erschreckend gut im Geschichtenerzählen. Sie inszeniert sich dabei nicht nur als Opfer, sondern auch als Heldin in der Not, als unterdrückte Freiheitskämpferin. Aber während sie diese Erzählung spinnt, tut sie ganz anderes – doch das ist für Wäh­le­r:in­nen schwer zu erkennen.

AfD-Kandidat:innen poltern lautstark auf kommunalen Wahlveranstaltungen über bundesweite Probleme, gegen die sie nicht antreten. Später bringen sie sich in die politische Arbeit vor Ort kaum ein und lassen die Aufgaben schleifen. Björn Höcke jammert, er sei ein politisch Verfolgter, dem der Staat den Mund verbieten wolle, und bittet um Spenden. Gleichzeitig spricht der Thüringer AfD-Fraktionschef mit wohl fünfstelligem Monatseinkommen zu Tausenden Menschen und verleitet sie per Handbewegung dazu, seine NS-Parolen zu wiederholen.

Indem die AfD den Fokus von den Verfehlungen ihrer Po­li­ti­ke­r:in­nen weglenkt, erzeugt sie bei ihren Un­ter­stüt­ze­r:in­nen schnell Solidarität und Zustimmung. Das verfängt und zeigt sich in Wahlergebnissen. Schwer zu sagen, was dagegen hilft. Die AfD ist so gut darin, Geschichten zu erzählen, dass es sie offenbar nicht einmal entlarvt, wenn sich international Rechtsextreme und -populisten von ihr abwenden, wie nach der SS-Verharmlosung ihres Europa-Spitzenkandidaten, Maximilian Krah.

Was aber auf keinen Fall hilft: sich an vermeintlich guten Nachrichten festzuklammern, wie etwa der, dass sich die AfD nirgends durchsetzen konnte. Das reicht nicht. Das Ziel sollte bleiben, dass die AfD verliert.