Umgang mit Rassismus: Wenn das Gesetz nicht schützt
Das Recht schützt von Rassismus Betroffene eher schlecht. Daher braucht es mündige Bürger*innen, die bei Ausfällen einschreiten.
D ie Sonne knallt, das Bier fließt, und es wird gegrölt und gezeigt, was tief im Herzen sitzt: „Ausländer raus!“, gefolgt vom strafrechtlich verbotenen Hitlergruß. Selbst im schillernden Urlaubsparadies Sylt brechen rassistische Gedanken hervor. Sie fliegen wie giftige Pfeile auf offene Wunden. Worte, die Alltag für Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland sind, zufällig aufgenommen und vervielfältigt.
Nur Tage später stimmen im Internat Louisenlund Schüler:innen auf einer Party in den Hassgesang ein. Nach dem Hessenpokalfinale kursiert ein Video, auf dem ein Fan der Kickers Offenbach den Hitlergruß zeigt.
Die Debatte dreht sich nun um mögliche rechtliche Konsequenzen für die Täter:innen. Doch wer schützt die Opfer? Deutschland hat eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa. Das sogenannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll seit Jahren umfassend reformiert werden. Eine Novelle war von der Ampelkoalition angekündigt, aber passiert ist – nichts. Ein Gesetz ohne Zähne.
In Berlin existiert das Landesantidiskriminierungsgesetz, das vor Diskriminierung durch den Staat schützt. Ein kleiner Lichtblick, wenn zum Beispiel die Polizei diskriminiert. Aber wer schützt vor freien Gedanken, die sich in giftige Worte verwandeln? Gedanken, die sich in unserer Gesellschaft einnisten, werden zu Worten, die verletzen, und dann zu Taten, die töten. Wir schauen zu, bestenfalls empört, oft gleichgültig. Dabei sät die Gesellschaft schon seit Jahren dieses braune Unkraut.
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Auch das Strafrecht als schärfstes Schwert des Rechtsstaats ist in erster Linie kein Präventions-, sondern ein Repressionsmittel. Das Strafrecht hat nicht geholfen, als die Opfer von Hanau rassistisch motiviert getötet wurden. Im Rahmen des Strafrechts wurde gegen die Polizei ermittelt, aber der Fall ist mittlerweile zu den Akten gelegt.
Den Mund aufmachen
Wachsamkeit? Sicher. Aber was wir gesellschaftlich brauchen, ist die Bereitschaft, die Komfortzone zu verlassen und den Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus ernsthaft aufzunehmen; den Mund aufzumachen, wenn wir Ungerechtigkeit hören oder sehen; die Hand zu reichen, wenn jemand Hilfe braucht. Und ja, es fängt bei uns an. Bei unseren Gedanken. Bei unseren Worten. Bei unseren Taten.
Denn wenn wir das nicht tun, wird es auch in diesem Fall nicht bei Worten und strafbaren Gesten bleiben. Wir werden weitere Taten sehen. Taten, die Leben zerstören und die Gesellschaft weiterspalten. Die Zeit zu handeln ist jetzt. Die Sonne knallt, Schlager laufen, und wir müssen aufstehen und etwas ändern, bevor das Grölen, das tief im Herzen sitzt, ins Echo der Geschichte einstimmt.
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