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Besuch Xi Jinpings in BelgradSignal an die Rechten Europas

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Xi braucht antidemokratische Strömungen in Europa gar nicht öffentlich zu unterstützen. Es reicht, dass er da ist.

Bilder reichen, um Xi Jinpings Erfolg in Europa zu manifestieren Foto: REUTERS/Bernadett Szabo

W enn der chinesische Staatschef Xi reist, ist nichts dem Zufall überlassen. Auch das Datum ist gut gewählt, der 8. Mai ist für den Westen und damit Frankreich das Symbol für den Sieg über den Faschismus. Auch für den Sieg der Freiheit. Der Sieg „über den Faschismus“ und damit über Deutschland bedeutet für die (orthodoxe) östliche Welt nicht ganz das Gleiche. Denn unter Xi (Maoismus) und Putin (Stalinismus) ist der Begriff der Freiheit sorgsam eingehegt.

Dass der „Diktator“ Xi zu diesem Datum auch Serbien und Ungarn besucht, ist ein Signal. Der deutsche Nadelstich (Baerbock) belustigt Xi und die Nachwuchsdiktatoren Victor Orbán oder Aleksandar Vučić wahrscheinlich nur. Sie sind stolz, von Xi wahrgenommen zu werden.

Mit dem Besuch Xis kann jedem vor Augen geführt werden, wie sich die Gewichte und die Wertmaßstäbe in der Welt verschoben haben: wie ernst die Lage für Europa und vor allem für Deutschland geworden ist. Russland und China sind gemeinsam attraktiv geworden. Der Begriff Faschismus diente in Russland und China wahrscheinlich noch nie als Synonym einer mörderischen Diktatur, sondern symbolisiert jetzt den neuen Feind, die liberale Demokratie. Wer sich ihrem eigenen totalitären Denken entgegenstellt, wird sogleich zu einem Faschisten hochstilisiert.

Die nach Demokratie strebenden Ukrainer müssen das genauso einsehen wie vor 30 Jahren Bosniaken und Kosovoalbaner, die sich gegen Serbien stellten. Auch alle zivilgesellschaftlichen Organisationen in Ungarn, die von der Soros-Stiftung unterstützt worden sind, wurden plötzlich zu Feinden. Demokratische Politiker wie Zoran Ðinđić in Serbien wurden – wie in Russland unter Putin – einfach aus dem Weg geräumt.

Orbán und Vučić haben Erfolg, weil die liberalen Demokratien Kompromisse mit ihnen schließen wollen, anstatt sie unerbittlich zu bekämpfen. Die liberalen Demokratien haben keine Antwort, auch sie lavieren zwischen den stärksten Nationen der Welt. Xi jedenfalls braucht die Politik der Rechten in Europa nicht offen zu unterstützen. Es reicht, dass er da ist.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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5 Kommentare

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  • Sollte die Attraktivität Russlands und Chinas wirklich vorhanden sein, wären doch Tausende europäische und amerikanische Studenten in den Top-Universitäten dieser Länder zur Lehre tätig.



    Es ist fast keiner dort, die fehlende Meinungsfreiheit und die permanente Bespitzelung und Überwachung ist für demokratisch gesinnte Menschen unerträglich und kann tödlich enden.

  • Vielleich wäre hier eine Präzisierung noch sinnvoll: es sind nicht die "liberalen Demokratien" insgesamt, die mit Orban Kompromisse schließen wollen. Die Europäische Volkspartei hat sehr lange gebraucht, um Fidesz auszuschließen und die CSU hat Viktor Orbán mindestens einmal zu ihrem Parteitag eingeladen.

  • Die Werwolf-Diplomatie ist eigentlich keine Diplomatie mehr, sondern brutaler Kulturimperialismus. Wir sollen gefügig gemacht und auf Linie gebracht werden. Und so verhalten sich viele staatlich geschulte Chinesen mittlerweile auch in geschäftlichen Gesprächen in Europa oder Afrika. Wir sollten das nicht mehr für ein paar Euro mit uns machen lassen, ansonsten verraten wir uns selbst.

  • Das ist halt das Grundproblem der EU, man muss bei vielen Beschlüssen Einstimmigkeit erreichen. War bei 9 Statten kein Problem, aber je mehr es werden wird das Problem grö0er. Das nutzen Orban und Co immer wieder aus. Und werden es auch weiter ausnutzen.



    Und wer jetzt laut rumschreit, das das geändert werden muss - auch da muss einstimmig Erfolgen!

  • Diktatoren wie Xi, Putin und vielleicht bald auch Trump, sowie religiöse Regime , wie im Iran, Israel und Afgahanistan leben zum einen von Gewalt und von den Ohnmachtsgefühlen der Menschen gegenüber den globalen Katastrophen, die Menschheit selbst hervorgerufen hat.



    Vereint gegen Feinde, die klar benannt und damit auch bekämpft werden. Hilft aber gar nichts, gießt nur Öl ins Feuer. Das nennt man blinden Aktionismus. Bei den "Führern" kommt Sendungsbewusstsein und Größenwahn dazu. Hals -und Beinbruch, Homo-Sapiens!