Katrin Gänsler über den wahrscheinlichen Machtwechsel in Senegal
: Quittung für den Amtsinhaber

Sicher ist der Wahlsieg des linken Oppositionskandidaten Bassirou Diomaye Faye nicht. Er hat zwar schon Glückwünsche erhalten, doch auf das offizielle Ergebnis wird noch gewartet. Dafür stehen die großen Verlierer fest: Es sind Premierminister Amadou Ba, der Regierungskandidat, aber vor allem der bisherige Präsident Macky Sall. Der 62-Jährige, der vor zwölf Jahren ähnlich begeistert als Erneuerer gefeiert wurde wie heute Diomaye Faye, hat in den vergangenen Jahren alles verspielt. Die Republik Senegal ist stolz auf ihre Demokratie. Doch Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit hat Salls Regierung zunehmend einschränken lassen.

Erst im Februar ist wieder deutlich geworden, wie massiv die Regierung gegen Kri­ti­ke­r:in­nen vorgeht, die nur eine Forderung hatten: Sie wollten wie geplant am 25. Februar einen neuen Staatschef wählen. Gelungen ist es auch nicht, jungen Menschen Perspektiven zu bieten. Zugegeben: Die Herausforderung ist enorm, drängen doch jährlich rund 300.000 Personen auf den Arbeitsmarkt. Doch auch die gut Ausgebildeten wollen das Land verlassen, weil nicht nur Jobs fehlen, sondern auch Lebenshaltungskosten steigen, Wohnungen im Großraum Dakar werden zunehmend unbezahlbar – die Frustration ist groß. Der größte Fehler von Salls Regierung dürfte allerdings gewesen sein, dass sie den Einfluss von Oppositionsführer Ousmane Sonko unterschätzt hat.

Aufgrund einer Verurteilung wegen „Verführung der Jugend“ selbst nicht als Kandidat zugelassen, hatte sich Sonko deutlich hinter Faye gestellt, der ebenfalls noch bis Mitte März im Gefängnis saß. Die Entlassung der beiden durch ein neues Amnestiegesetz unmittelbar vor der Wahl kann von zwei Seiten gedeutet werden: Es könnte ein letzter Versuch gewesen sein, sich doch noch glimpflich aus der Affäre zu ziehen und als großer, gutmütiger Staatsmann zu gelten. Es ist aber auch nicht unwahrscheinlich, dass Sall und seine An­hän­ge­r:in­nen die Wahl schon vor einigen Wochen verloren glaubten.

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