Krieg in Gaza: Hilfslieferung in See gestochen
Eine 200-Tonnen-Hilfslieferung für Gaza ist unterwegs. Die Kämpfe im Norden sowie im Roten Meer weiten sich aus. Die jüngsten Entwicklungen.
Das Schiff – ein umgebauter Schlepper – zieht eine Plattform, auf die Hilfsgüter geladen worden sind. Es handele sich um rund 200 Tonnen Trinkwasser, Medikamente und Lebensmittel, hieß es aus Regierungsquellen. Die Fahrt ist eine Probefahrt entlang der Route eines geplanten Hilfskorridors, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der zyprische Präsident Nikos Christodoulidis vergangenen Freitag in Larnaka angekündigt hatten.
Der Hafen von Larnaka liegt rund 400 Kilometer von Gaza entfernt. Diese Fahrt könnte bis zu 60 Stunden dauern, da das Schiff langsam fährt. Die Route ist nicht ungefährlich: Im östlichen Mittelmeer wehen oft starke Winde, es gibt auch starke Strömungen und keine anderen Inseln, die im Falle eines Sturms Schutz bieten könnten.
Wo und wie das Schiff nach Ankunft in den Gewässern vor Gaza seine Fracht löschen soll, ist unklar. Das Anliefern der Güter gilt als große Herausforderung, weil es in Gaza nur einen kleinen Fischerhafen gibt, der nicht tief genug für Frachtschiffe ist. Das US-Militär will deshalb gemeinsam mit internationalen Partnern einen temporären Hafen einrichten.
Angriffe in der Tiefe des Libanon
Währenddessen gehen auch die Gefechte zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah weiter. Israels Armee hat nach eigenen Angaben nun auch Stellungen der Schiiten-Miliz in der Tiefe des Nachbarlandes angegriffen. Die Luftwaffe habe zwei Stellungen der proiranischen Hisbollah in der Bekaa-Ebene im Nordosten des Libanons attackiert, teilte Israels Militär am Montagabend mit und bestätigte damit libanesische Berichte.
Die Angriffe seien, so das israelische Militär, Vergeltung für frühere Angriffe der Hisbollah-Miliz. Es sei erst das zweite Mal seit Beginn des Krieges gegen die mit der Hisbollah verbündete islamistische Hamas im Gazastreifen vor gut fünf Monaten, dass Israels Militär das etwa 100 Kilometer nördlich der Landesgrenze gelegene Gebiet angegriffen habe, berichtete die israelische Nachrichtenseite „Ynet“ am Abend.
Am Dienstagmorgen wurde nach Angaben des israelischen Militärs ein Sperrfeuer von etwa 70 Raketen aus dem Libanon auf Nordisrael abgefeuert. Es handelte sich um eines der größten Sperrfeuer, das die Hisbollah während des Krieges abgefeuert hat.
Auch im Roten Meer gehen die Kämpfe weiter. US-Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge erneut Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen und dabei ein Drohnenschiff und 18 Antischiffsraketen zerstört. Es seien sechs Angriffe auf von den Huthis kontrollierte Gebiete erfolgt, nachdem ein Schiff im Roten Meer beschossen worden sei, erklärte das für den Nahen Osten zuständige US-Zentralkommando Centcom am Montagabend. Wie die britische Behörde für die Sicherheit des Seeverkehrs UKMTO mitteilte, habe das Schiff zuvor „ein Explosionsgeräusch in der Nähe“ gemeldet.
Aktionen sollen während des Ramadan eskaliert werden
Laut Centcom handelte es sich um das unter liberianischer Fahne fahrende Frachtschiff „Pinocchio“, das sich in singapurischem Besitz befindet. Zum Zeitpunkt der Explosion habe sich das Schiff südwestlich des jemenitischen Hafens Salif befunden, erklärte UKMTO. Die Besatzung sei wohlauf, das Schiff nicht beschädigt.
Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz bestätigte, das Schiff ins Visier genommen zu haben. Die Militäraktionen würden während des Fastenmonats Ramadan „eskaliert“ werden, hieß es in einer Erklärung. Die offizielle jemenitische Nachrichtenagentur Saba berichtete von US-amerikanischen Luftangriffen im Gouvernement Saada im Norden des Jemen.
Die Huthi-Rebellen greifen seit November Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden an, um sich nach eigenen Angaben mit den Palästinensern im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen zu solidarisieren. Die Huthis sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten und vom Iran unterstützten „Achse des Widerstands“, zu der neben der Hamas im Gazastreifen auch die Hisbollah-Miliz im Libanon gehört.
Die Huthis haben angekündigt, israelische, britische und US-Schiffe ins Visier zu nehmen sowie Schiffe mit israelischem Zielhafen. Viele Reedereien meiden deswegen inzwischen die wichtige Seehandelsroute, über die normalerweise 12 Prozent des weltweiten Seehandels abgewickelt werden.
Die USA und Großbritannien führen als Reaktion auf den Beschuss der Schifffahrt Luftangriffe auf Huthi-Stellungen aus und wollen weitere Attacken auf Handelsschiffe damit verhindern. Zudem versuchen Kriegsschiffe zweier internationaler Koalitionen, den Schiffsverkehr entlang der jemenitischen Küste zu sichern. Als Teil der EU-Mission ist die deutsche Fregatte „Hessen“ seit Ende Februar in der Region im Einsatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos