Toni Kroos zurück im DFB-Team: Mal was Reelles
Rückkehrer Toni Kroos soll dem DFB-Team wieder zu mehr Stabilität verhelfen. Seine Wiedereingliederung wird nicht nur auf dem Rasen einiges verändern.
Toni Kroos hat sich auch auf Pressekonferenzen eine große Lässigkeit zugelegt. So begegnete er der Aufregung um seine Rückkehr zur Fußballnationalmannschaft vor den Länderspielen gegen Frankreich am Samstag in Lyon und am Dienstag in Frankfurt gegen die Niederlande mit maximalem Geschick. Er machte sich weder zu groß noch zu klein und ließ erst gar nicht den Eindruck entstehen, dass von nun an alles anders wird.
Ein nicht ganz einfacher Abwägungsprozess sei seine Entscheidung gewesen, wieder für die DFB-Elf aufzulaufen. Es hätte natürlich ebenso Argumente dagegen gegeben, und er versicherte, vorab, alle möglichen Reaktionen und Konstellationen durchdacht zu haben.
Es sind vermutlich eher die weichen Faktoren, über die sich Kroos den Kopf zerbrochen hat, denn die harten Fakten, daran ließ er keinen Zweifel aufkommen, stimmen. Auf seine körperliche Verfassung angesprochen, antwortete der 34-Jährige: „Ich kann sagen, dass ich physisch überhaupt keinen Verschleiß verspüre.“ Und er stellte klar: „Mir geht es darum, ob ich helfen kann, dass Deutschland ein besseres Turnier spielen kann als angenommen.“ Es war eine Anspielung auf die fatalistische Stimmung im Lande, nach den letzten Niederlagen gegen die Türkei und Österreich.
Zugleich wies er jedoch auf die Begrenztheit seines Einflusses hin. Es müssten „noch viele andere Dinge“ passieren, was man ja auch an der Kaderzusammenstellung sehen würde. Dies war wiederum eine Anspielung darauf, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann in seiner erst kurzen Amtszeit mit der Berufung von sechs Novizen offenbar nochmals neu ansetzen möchte. Wobei Aleksandar Pavlović vom FC Bayern krankheitsbedingt erst einmal ausfällt.
Begehrte Kroos-Trikots
Nagelsmann, der denselben Berater wie Kroos hat, versuchte, die Erwartungen vor dessen Comeback zu bremsen. Er sei nicht „der Heilsbringer“. Aber reden kann man viel. Die deutschen Fans verbinden mit dem Weltmeister von 2014 offensichtlich exorbitant große Hoffnungen. Die Verkaufszahlen des umstrittenen pink-lila-farbigen Auswärtsshirts, das aus Marketinggründen beim Heimspiel gegen die Niederlande erstmals von der DFB-Elf getragen wird, sind bemerkenswert. Das Leibchen von Kroos, hörte man aus dem Hause Adidas, habe sich bislang doppelt so oft verkauft als jedes andere.
Die Eingliederung des fünffachen Champions-League-Gewinners dürfte erhebliche Verschiebungen im Gefüge des DFB-Teams mit sich bringen. Damit ist nicht nur die Versetzung von Kapitän İlkay Gündoğan ins offensive Mittelfeld gemeint, wobei Kroos am Dienstag anmerkte, über diese Option sei schon vor seiner Entscheidung zur Rückkehr gesprochen worden.
Kroos will nicht als Störenfried wahrgenommen werden, dem arrivierte Spieler weichen müssen. Klar dürfte jedoch sein, dass seine Anwesenheit auch atmosphärischen Einfluss ausüben dürfte. Die traditionelle Hausmacht der Profis vom FC Bayern im DFB-Team dürfte etwas an Gewicht verlieren.
Vor gut einem Jahr hätten die meisten die Idee eines Comebacks von Toni Kroos noch als abwegig abgetan. Schließlich war damals unklar, ob er überhaupt seinen Vertrag bei Real Madrid noch einmal verlängern oder gar aufhören würde. In dieser Saison jedoch präsentiert sich Kroos äußerst stark. Nur sieben Mal kam er bei seinen 27 Einsätzen in der Liga von der Bank, in der Champions League ist er eh meist Stammkraft.
Eine interessante Erklärung für seine besondere Form hat Real-Trainer Carlo Ancelotti. „Was ihn jetzt abhebt, ist, dass er in einer Mannschaft spielt, die mit enormer Energie spielt, da kommen seine Stärken noch besser zur Geltung.“ Ermutigend ist diese Beobachtung für das DFB-Team nicht unbedingt. Wobei Kroos sich am Mittwoch beim Quervergleich zu Real als Motivator versuchte. Dort herrsche bei jedem Trainingsspiel sehr großer Siegeswille, das habe er bei seinen ersten Einheiten mit dem DFB nun auch so erlebt.
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