Ein philosophierendes Nilpferd

Der dominikanische Regisseur Nelson Carlos De Los Santos Arias widmet einem der Escobar-Nilpferde einen Film: „Pepe“. In manch einer Szene scheint ihm eigene Kreativität etwas zu Kopf gestiegen zu sein (Wettbewerb)

Von Sophia Zessnik

Es grunzt. Die Leinwand bleibt schwarz. „Weiß jemand, wie sich Nilpferde anhören?“, fragt eine Stimme auf Spanisch über Funk. Dann wechselt das Bild von Schwarz in einen dunklen Wohnraum. Auf einem Fernsehbildschirm läuft eine Kindersendung, in ihr ein sprechendes Nilpferd.

Erneuter Wechsel: Das Programm zeigt jetzt eine Nachrichtensendung. Da liegt ein Mensch auf einer Trage, bedeckt, sodass man ihn nicht erkennt. Doch die Nachricht vom Tode Pablo Escobars hat sich schon verbreitet, eine Interviewte ist selig. Denn der berühmteste Drogenboss der Welt verbreitete jahrelang Angst und Schrecken in seinem Heimat- und Wirkungsland Kolumbien. Darüber hinaus hielt er auf seiner Hacienda Nápoles Nilpferde. Vier an der Zahl, die er aus ihrer Heimat in Südwestafrika verschleppen ließ und die seit seinem Tod frei leben, sich unaufhaltsam vermehren und als invasive Art bejagt werden.

Einem von ihnen widmet der dominikanische Regisseur Nelson Carlos De Los Santos Arias einen Film, der keinem Genre so recht zuzurechnen scheint. Aufnahmen wie aus einer Tierdokumentation, Bildcollagen aus eingangs beschriebenem Material und Spielfilmsequenzen, deren Sinnhaftigkeit nicht immer deutlich wird, vereint De Los Santos Arias in seinem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „Pepe“.

Pepe ist eines der inzwischen über 160 Nilpferde, die sich über ein weites Gebiet in Kolumbiens Regenwald verbreitet haben und dort einheimischen Tierarten wie Menschen das Leben erschweren. So süß und knuffig die etwa drei Tonnen schweren Tiere aussehen; sie verteidigen ihr Revier mitunter aggressiv und haben – vor allem in Südamerika – keine natürlichen Feinde.

De Los Santos Arias lässt Pepe aus seinem Leben erzählen, dessen Eltern zwei der von Escobar eingeschleppten Tiere waren und deren Weg er nachzeichnet. Kehlig tief, von Grunzern unterbrochen, ist diese Nilpferdstimme, die zwischen Spanisch, Afrikaans und Mbukushu wechselt. In der Erzählsprache ist Pepe genauso inkonsequent wie in dem, was er inhaltlich vermittelt. Er wechselt zwischen Biografischem und philosophischen Fragen zu Leben und Tod, lässt die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen, was es streckenweise schwer macht, der Erzählung über zwei Stunden zu folgen. Bei einigen Sequenzen, die in Schwarzweiß die sonst traumhafte Farbwelt der Natur durchbrechen, bekommt man den Eindruck, dem Regisseur, der auch fürs Drehbuch verantwortlich ist, sei die eigene Kreativität etwas zu Kopf gestiegen. Lieber schaut man dann wieder den Flusspferden beim Planschen und bloßen Existieren zu.

22. 2., 12.30 Uhr, Zoo Palast 1

24. 2., 21.45 Uhr, Akad. der Künste